Review:

Kurz:

Dirty Dancing.

Lang:

Um „Showgirls“ zu verstehen, müssen wir ein wenig ausholen. Deshalb starten wir diesen Review mit einer kleinen Geschichte:

Es waren mal zwei Jungs. Diese Jungs erstiegen in den 80ern innert Kürze Hollywoods Olymp. Der eine war ein holländischer Regisseur, der mit „Robocop“, „Total Recall“ und „Basic Instinct“ drei Kinohits hintereinander ablieferte, der zweite war ein ungarischer Drehbuchautor, der mit extravaganten und Nasen-Drogen-beeinflussten Auftritten auffiel und nebenbei auch starke, stets im leicht lasziven Genre angegliederte Drehbücher ablieferte: „Flashdance“, „Jagged Edge“, „Sliver“ oder eben „Basic Instinct“.

„Basic Instinct“ vereinte also Joe Eszterhas und Paul Verhoeven. Und tja, der Film war ein regelrechter Kassenschlager und spielte satte 117 Millionen US-Dollar ein. Klar prügelten sich die Filmstudios um die Rechte ihres darauffolgenden Projekts: ein NC-17-Exposé über die Korruption in Las Vegas.

„Showgirls“ floppte brachial und spielte an der Abendkasse nicht mal die Hälfte des Produktionsbudgets ein. Mit 13 Razzie-Nominationen wurde der Streifen innert Kürze zur allgemeinen Lachnummer und ein Synonym für Misserfolg.

Für die Uneingeweihten: „Showgirls“ folgt einer jungen Frau namens Nomi Malone (was für ein Name!) nach Las Vegas, die davon träumt Tänzerin zu werden, aber Stripperin wird.

Joe Eszterhas Drehbuch ist einfach nur wahnsinnig und trotzdem behandelt Paul Verhoeven diesen dramaturgischen Overkill mit einer Ernsthaftigkeit, die ihresgleichen sucht. Hier regiert Bling-Bling-Galore! Der Film ist wunderschön eingefangen. Pompöse und grelle Settings wechseln sich im Minutentakt ab, der Kameramann (Jost Vacano) hat eine verdammte Medaille verdient. 

Hätte Paul Verhoeven nicht aufrichtig daran geglaubt, trotz dem ultra-trashigen Drehbuch etwas Tiefgründiges zu sagen, der Film wäre nach seinem kommerziellen Kinoflop in der Versenkung verschollen. Aber Verhoevens Aufrichtigkeit macht den Film zum heulenden Kult-Klassiker!

„Showgirls“ entfernt sich meilenweit von menschlichen Verhaltensmustern. Hier tauchen Charaktere auf, die so nicht existieren können – oder dürfen. Beispiel? Die Hauptfigur Nomi (Elizabeth Berkley) ist eine schreiende, hysterische, unsichere Egomanin, die innert Sekundenbruchteilen zwischen ekstatisch und wütend pendelt. Emotionale Graubereiche existieren in ihrer Welt nicht. Ach ja, Rhythmus-Gefühl hat die Gute auch keines. Wieso also um Himmelswillen ist ihr Traum in Las Vegas als Showgirl durchzustarten und wieso verdammt noch mal, fühlen sich alle – ja restlos ALLE Personen im Film – von diesem talentlosen Charakter angezogen?!? Alle wollen Nomi befreunden, unterrichten, ausbeuten, flachlegen, vergewaltigen oder töten. Die von Eszterhas gezeichnete Welt ist dermassen extrem, dass sie nur noch lächerlich ist.

„Showgirls“ wäre nichts, ohne die schamlose Performance von Elizabeth Berkley. Sogar das Wort „Ganzkörpereinsatz“ ist eine waschechte Untertreibung. Der Zuschauer klebt förmlich an ihrer hysterischen Darstellung. Zu sehen wie Berkley Objekte wie Radios, Autos oder Pommes (!) attackiert ist mindestens genauso (unfreiwillig) komisch, wie ihre Stimmungsschwankungen.

Berkley legt in „Showgirls“ alles auf den Tisch und hoffte mit dieser Alles-Oder-Nichts-Darstellung in Hollywood zukünftig Stricke reissen zu können. Leider wurde aufgrund des Kassenflops daraus nichts. Nach „Showgirls“ folgten kleinere Auftritte in mediokren Filmen und anschliessend wandte sich Berkley wieder den TV-Serien zu. 2020 wird sie versuchen im „Saved by the Bell“-Reboot ihre Wurzel noch ein bisschen finanziell zu melken. Armes Ding.

Schön wird Berkleys Charakter von anderen, absurden Charakteren flankiert. Restlos alle Darsteller in „Showgirls“ bemühen sich, gegen ihre oft ultra primitiven Rollen anzuspielen. Kyle MacLachlan („Dune“, „Twin Peaks“) sieht einfach nur deppert aus und spielt wie ein Gockel auf Acid und Gina Gershon („Bound“) überreizt ihr Schauspielspektrum als dauergeile Oberzicke.

So ganz nebenbei: Brüste hat der Film mehr als alle Andy-Sidaris-Filme zusammen. Doch die Erotik bleibt trotz reichlich nackter Haut aus. Den Film als sexistisch zu bezeichnen oder als krude Altherrenphantasie abzustempeln, greift zu kurz. Denn während sich die kitschig falsche Beauty-Palace-Welt an engen Männerhosen reibt, holt der Film zum Haken aus: „Showgirls“ legt mit seinem manipulativen Sex die Gier der Zuschauer offen und hält ihnen dabei einen bitter-ironischen Spiegel vor.

Fazit:

„Showgirls“ ist das Trashmonster der 90er Jahre. Die krude Mixtur aus Satire und Anti-Sexismus-Statement lässt bestimmt niemanden kalt. Ist der Film einfach nur schlecht? Nein! Dafür verprassen die Herren Verhoeven und Eszterhas mit ihrem frivolen, cineastischen Grenztest zu viel Talent und Geld. Showgirls ist einer der wenigen Filme, die niemand kennen will, aber alle gesehen haben. Wer noch nicht dazu gehört: Wir zeigen den Knaller an unserer KMG-Night im Dezember. BREAST MOVIE EVER!

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One thought on “Showgirls (1995)

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