Review

Kurz:

Wicked.

Lang:

Wicked Barry

Wir schreiben das Jahr 1989 und der unerschrockene Filmemacher Barry J. Gillis stellt mit einer cineastischen WTF-Bombe namens „Things“ unser Vertrauen in Kanada wieder her. Der auf Zelluloid gebannte Fiebertraum mixt Horror-Referenzen mit unbändiger Passion und völligem Mangel an Talent. Ein Best-Worst-Film, welcher nur für die härtesten der harten Filmmasochist:innen ertragbar ist. Natürlich haben wir den Streifen bereits im Kino gezeigt.

Zwei Jahre später setzt Gillis noch einen drauf und schluckt seinen ganzen Hass auf die Menschheit runter, nur um daraus einen absurd klebrigen und vor Dreck triefenden Haarknäuel namens „Wicked World“ auf den Markt zu würgen. Wobei das so nicht ganz stimmt, der Film wurde zwar 1989 abgedreht, aber es fehlte Budget für den finalen Schnitt. Finalisiert wurde er erst ein gutes Jahrzehnt später. Und 2019, AGFA sei Dank, kriegt der Streifen sogar ein BluRay Re-Issue. Und richtig geraten, natürlich zeigen wir diese Version im Kino. Am 26. Mai im cinéClub Bern.

Barry J. Gillis

Wicked Harold

In „Wicked World“ spielt Gillis den Polizisten Grant Ekland, der Jagd auf den greisen Serienmörder Harold (Co-Produzent Eddie Platt) macht. Harold ist die vermeintliche Hauptfigur dieses Streifens. Er sitzt in einer psychiatrischen Anstalt und lässt sein Leben Revue passieren, indem er sich an alle seiner mörderischen Taten erinnert.

Harold hasst alles. Die Welt. Die Menschheit. Waffen. Selbstmord. Fremdgehen. Rutschbahnen. You name it. Harold trägt gerne Gasmasken, führt Selbstgespräche und ist geschätzte 70 Jahre alt. Sein genaues Alter bleibt ein Mysterium. Trotzdem beschleicht einem während dem ganzen Film das Gefühl, dass der alte Serienmörder leicht zu überlisten gewesen wäre, geschweige mit lockerem Jogging-Pace abgehängt hätte werden können.

Harolds Charakter ist eindimensionaler als eine Nudel, trotzdem etablierter als der ganze restliche Haufen. Alle Charaktere werden nur eingeführt, um dann getötet zu werden. Alle!

Böser Harold.

Wicked Movie

„Wicked World“ ist so, als würden wir uns im Kopf eines verrückten und gewaltgeilen Pubertierenden befinden. Schon nur die erste Szene ist absurder als ein Fisch auf einem Fahrrad. In einer ungewollt abstossenden Petting-Szene, knabbert ein Typ an einem Mädchen, während sein Bruder zuguckt. Das Mädchen steht unvermittelt auf um sich unter der Dusche 5 Minuten lang, bei offenem Duschvorhang, die Brüste einzuseifen. Natürlich nur die Brüste. In dieser Zeit erschiesst der Spanner-Bruder seinen Grabscher-Bruder, während im gleichen Raum andere Teenager gelangweilt tanzen. Serienmörder Harold sieht von der Terrasse aus zu, bis er die Nase voll hat und sein eigenes Massaker anrichtet. Dies ist die erste von rund 10 zusammenhangslosen, blutgeilen Szenen.

Der Film ist eine gefühlt nicht enden wollende Tortur, die man in nur 30 Minuten hätte abhandeln können, wenn Gillis zwei Drittel der Jagdszenen herausgeschnitten hätte. Wobei das Wort „Jagdszene“ eine Dynamik suggeriert, welcher der Streifen in keiner einzigen Einstellung gerecht wird. Jedes zäh vor sich hinfliehende Opfer wurde oft in einer einzigen Einstellung, von hinten mit Schwerpunkt auf dem Gesäss, gefilmt.

Abwechslung gibt es eigentlich nur wenn Harold ein paar Nunchakus schwingt, ein paar knackige Vokuhilas vorbeischauen, Barry J. Gillis einen Hot Dog isst, ein Räuber mit einem Plastiksack über dem Kopf einen Überfall plant und eine Frau verführerisch an einem Marshmallow knabbert.

Die Produktionskosten laufen Amok.

Wicked Sound

Die grottigen Special Effects würden in jede Birdemic-Produktion passen. Auch, dass Gillis planlos Bilder verzerrt und mit 2D-Animationen überlagert, ist eigentlich nicht der Rede wert. Denn was den Streifen wirklich auszeichnet, ist das ultra üble Sounddesign. Wer „Things“ überstand, weiss was von einem Barry J. Gillis Machwerk zu erwarten ist.

Der Kanadier bringt es aber fertig, „Wicked World“ noch absurder als seinen Waldhütten-Horror zu vertonen. Schreckliche Geräusche, aufgenommen in der örtlichen Biker-Bar, werden meist von schlecht abgemischten Rock-Songs aus überlasteten Lautsprechern übertönt. Zufällig platzierte Tiergeräusche, laute Rülpser, eine stets völlig überdrehte, selten zum Bild passende Dialogspur und einzelne, mehrfache wiederholende Szenen fügen sich zu einem verrückten Gesamtkunstwerk zusammen.

Wicked Fazit

Wicked World ist ein wahrhaft bizarrer Ultra-Low-Budget-Nihilismus, der den charmanten Dilettantismus von „Things“ zugunsten einer etwas ausgefeilteren Atmosphäre und einer viel düstereren Weltsicht beiseiteschiebt. Mit Sicherheit einer der seltsamsten Filme, die man je sehen wird. Es gibt Filme, die sind so schlecht, dass sie wieder gut sind. Es gibt Filme, die sind dermassen schlecht, dass sie psychisch schmerzen. „Wicked World“ ist dermassen übel, dass er zusätzlich sogar physisch weh tut.

Wicked Screening Guide

Wir haben dich gewarnt. Jetzt Tickets reservieren: https://www.quinnie.ch/de/film/149422.html

Red Letter Media: Wicked Special

Share This:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert