Kurz:
Kids kämpfen in Parallelwelt gegen böse Viecher.
Lang:
Aufgrund der immensen Dichte an schlechten Filmen, welche auf unser Verdikt warten, lassen wir uns selten bis nie auf eine Serie ein. Ein zu grosser Zeit- und Ressourcenfresser. Für „Stranger Things“ haben wir eine Ausnahme gemacht. Zum Glück.
Um was geht es genau?
In einer verschlafenen Kleinstadt verschwindet ein zwölfjähriger Teenie (Noah Schnapp). Seine drei besten Freunde (Caleb McLaughlin, Finn Wolfhard, Gaten Matarazzo) machen sich auf die Suche, während die Mutter des Verschwundenen (Winona Ryder) mit einer Lichterkette kommuniziert, ein telekinetisch begabtes Mädchen (Millie Bobby Brown) ein Monster aus einer Parallelwelt freisetzt und dabei von einer militärischen Jibberjabber-Firma für skrupellose Experimente missbraucht wird. Oder so.
„Stranger Things“ ist eine Vollblut-Hommage an Mystery- und Horrorfilme der achtziger Jahre und pendelt während acht Episoden zwischen Coming-Out-of-Age-Drama, Teenie-Slasher und Sci-Fi-Film. Erstaunlich, dass weder Stephen King noch Steven Spielberg ihre Finger in der Produktion dieses Instant-Classics im Spiel hatten. Referenzen gibt es wie Sand am Meer: „E.T.“, „The Thing“, „Stand by Me“, „The Goonies“, „Poltergeist“, „Carrie“ und viele mehr. (Hast du 30 Minuten Zeit? Dann schau dir das Video unten an, dort sind alle Easter Eggs und Hommagen aufgezählt).
In „Stranger Things“ werden aber nicht nur 80er Filme referenziert, nene die Story spielt sogar in den 80ern. Macht euch also auf Mixtapes, Rollenspiele, BMX-Fahrten, üble Frisuren und Walkie-Talkies in der Grösse meines Unterarms gefasst. Flankiert wird das nostalgische Setting von dauerwummerndem Synthie-Soundtrack, welcher sogar John Carpenter Freudentränen in die Augen treiben würde.
Noch mehr 80er-Groove gefällig? Sogar ein Star aus dieser Zeit darf in „Stranger Things“ seine Wiederauferstehung feiern. Winona Ryder meldet sich zurück. Obwohl ihre Rolle alles andere als dankbar ist, spielt sie die alleinerziehende Mutter kurz vor dem psychischen Kollaps eindringlich. Wer also Lust verspürt, dem ehemaligen Grunge-Postergirl während 7 Stunden zuzusehen, wie sie mit einer absurden Perücke bewaffnet von einem Schreikrampf in den nächsten taumelt: be our guest. Es wird jedenfalls spannend zu beobachten sein, was Mrs Ryder mit dieser wieder gewonnenen Aufmerksamkeit anstellt und welche Rollen sie als nächstes an Land zieht. Nebst „Stranger Things 2“ natürlich.
Was bietet die Serie neben dem 80er-Zitat-Feuerwerk? „Stranger Things“ fesselt mit einer melancholischen Atmosphäre und Bildern, welche einen regelrechten Sog entfalten. Die triste, leicht deprimierende Grundstimmung, praktisch alle Figuren sind gebrochen und die Familien zerrüttet, passt zum grandiosen Soundtrack. Joy Division, David Bowie, Echo & The Bunnymen und natürlich The Clash umrahmen die düsteren Bildern akustisch und unterstreichen die dunkle Note von „Stranger Things“.
Trotz aller Lobhudelei, es ist auch hier nicht alles Gold was glänzt. Ab der Hälfte wird die Serie leider routinierter und vorhersehbarer und bietet dann schlussendlich auch nichts Neues. Nach der ersten Episode konnten wir unsere Glückshormone nicht im Zaum halten. „Das muss die beste Serie aller Zeiten werden!“, dachten wir. Wurde es aber nicht. Nach acht Episoden sind wir zwar gesättigt und rundum zufrieden, aber irgendwie auch ein bisschen enttäuscht. Denn nebst der Zitierwut hätte „Stranger Things“ etwas mehr eigene Originalität ganz gut gestanden. Das ist aber Motzen auf hohem Niveau.
Fazit:
Ein 7-stündiger Nostalgietrip der Sonderklasse. Nicht mehr, nicht weniger. „Stranger Things“ hat sein Herz definitiv am rechten Fleck und es bleibt spannend zu beobachten, was Netflix für die kommenden Staffeln ausheckt.