Kurz:
„Method-Acting“-Extreme.
Lang:
2000 schuf E. Elias Merhige ein kleines Meisterwerk, welches unverdienterweise unbeachtet in den Filmregalen verschwand. Unter der Feder von Drehbuchautor Steven Katz entstand nämlich Ende der 90er ein sensationeller Hybrid aus Komödie, Horrorfilm und Filmdokumentation.
„Shadow of the Vampire“ wirft einen (fingierten) Blick auf die Produktion des Film-Klassikers „Nosferatu“ (nicht die Version mit Klaus Kinski von 1979) und stellt die Hypothese auf, dass Hauptdarsteller Max Schreck in Wirklichkeit ein Blutsauger war. So erscheint Schreck in bester Blutsauger-Montur auf dem Filmset und hebt das „Method-Acting“-Level auf ein dermassen hohes Level, dass alsbald die Grenzen zwischen Film und Realität verschmelzen.
John Malkovich als getriebener Regisseur brilliert in bekannter Malkovich-Manier, aber Willem Dafoe als Ur-Vampir ist eine Wucht und wurde 2001 zu Recht für einen Oscar für die beste männliche Nebenrolle nominiert. Komplett in seiner Rolle versunken, verspeist er Crew-Member um Crew-Member – und zwischendurch auch mal eine Fledermaus. Seine Interpretation des Nosferatu ist zu gleichen Teilen furchterregend, wie auch verdammt lustig. Ganz grosses Kino!
Spass macht auch Cary Elwes als Back-Up-Kamera-Mann. Eitel, blasiert, dauergeil und nonstop auf einem dubiosen Morphiumtrip, wirft der Robin Hood für Stumpfhosenfanatiker mit seiner Performance ein weiteres Holzscheit in die komödiantische Flamme.
Ja, „Shadow of the Vampire“ ist ein verdammt schwarzhumoriger Horrorfilm und doch hinterlässt er einen sehr eigenen, verstörenden Bissabdruck. Während „What We Do In The Shadows“ einen auf Full-On-Comedy macht, ist „Shadow of the Vampire“ wesentlich anspruchsvoller.
Ein kleiner Kritikpunkt ist, dass für die Rollen der durchs Band weg deutschen Nosferatu-Crew englisch sprechende Schauspieler verpflichtet wurden. Die Authentizität von „Shadow of a Vampire“ wäre sicherlich grösser gewesen, wenn die Rollen auch effektiv von deutsch sprechenden Schauspielern verkörpert worden wären. Egal, der Film ist auch so grandios.
Fazit:
„Shadow of the Vampire“ ist ein skurriles Biest. Er spielt gekonnt mit der zusätzlichen Metaebene, wechselt flüssig zwischen schwarz-weissen „Original“-Aufnahmen zu farbigen On-Set-Szenen, baut spielerisch viele ikonische Szenen aus dem Original ein und erweist dadurch „Nosferatu“ eine gelungene Hommage. Der Streifen ist ironisch, düster, humorvoll, verstörend und bietet einen Willem Dafoe in Höchstform. Ein unfairerweise unbeachtetes Meisterwerk.