Kurz:

Frau betrügt Ehemann mit Oktopus.

Lang:

Am 22. März vor ein paar zerquetschten Jahren packten wir die Gelegenheit zusammen mit der Filmstelle der VSETH Zürich den Kultstreifen „Possession“ auf Grossleinwand zu präsentieren. Der Streifen des verstorbenen polnischen Regisseurs Andrzej Zulawski gehört unserer Meinung nach zu den besten subversiven und surrealistischen Filmen aller Zeiten.

Artverwandt mit Werken eines David Lynch (Blue Velvet, Mulholland Drive), eines Lars von Trier (Antichrist, Nymphomaniac) und eines David Cronenberg (Crash, Naked Lunch) schaffte es Zulawski 1981 einen cineastischen Höllentrip auf Zelluloid zu brennen. Besonders Antichrist Triers weisst erstaunlich viele Parallelen zu „Possession“ auf. So handelt auch der 28 Jahre früher erschienene Possession von der Entfremdung eines Ehepaares und der Sehnsucht nach körperlicher und seelischer Befriedigung.

„Possession“ könnte auch der hässliche, von Crystal Meth gezeichnete Bruder des thematisch ähnlich angelegten „Kramer vs Kramer (1979)“ sein. Nur dass hier beim Thema Sorgerechtsstreit die Betonung laut und deutlich auf „Streit“ liegt. Ring frei! Es duellieren sich Isabelle Adjani und Sam Neill. Beide Schauspieler, zu gleichen Teilen grandios und nahe am Nervenzusammenbruch, balancieren gekonnt auf der Grenze zum Overacting. Während sich Neill hauptsächlich mit einem Jack-Nicholson-Joker-Grinsen und weit aufgerissenen Augen um sich selbst dreht, ist es Adjani, die eine schauspielerische Tour-De-Force abliefert. Obwohl „Possession“ beim Release nur von einem kleinen Publikum gesehen wurde, brachte ihr der Streifen den ersten César und an Filmfestspielen von Cannes den Darstellerpreis für die „beste weibliche Hauptrolle“ ein. Verdientermassen.

Der Streifen fängt gewöhnlich an, um dann langsam aber stetig den Pfad des konventionellen Erzählkinos zu verlassen. Und so entwickelt sich aus dem rohen Rosenkrieg ein Horrorthriller mit gehörigen WTF-Momenten. Einer der grössten davon ist selbstverständlich die Sexszene von Adjani mit dem vermeintlichen schleimigen Lover aka Oktopus-Man. Es wäre aber töricht, den Streifen nur auf diese – unbestritten eindrückliche – Szene zu reduzieren, dient sie doch ohnehin nur als Metapher für Sehnsucht. (Glaube ich jedenfalls zu meinen.)

„Possession“ ist ein erstaunlich kurzweiliges Filmerlebnis und von der ersten bis zur letzten Minute extrem intensiv. Was den Streifen besonders auszeichnet ist seine gekonnte Balance zwischen WTF-Momenten, typischen 80er-Horror-Elementen, eindrücklichem Drama und humoristischen Einlagen. Besonders Heinz Bennent als vermeintlicher Lover Heinrich unterhält mit seinem grenzenlosen Hedonismus prächtig. Glücklicherweise gibt es ab und an auch eine kleine Aufmunterung zu geniessen, denn der einzige, kleine Kritikpunkt meinerseits: in „Possession“ fliegen die Fetzen fast durchgehend, was den Zuschauern mit der Zeit alles abverlangt und manchmal sogar nervt. Ansonsten gibt es bei diesem Streifen nichts auszusetzen. Schauspielerisch top, dramaturgisch stringent, verstörend und berauschend und sogar technisch seiner Zeit voraus. A Must See.

Fazit:

„Possession“ ist und bleibt ein zeitloser Klassiker. Das schizoide Monster (duh!) von einem Film ist ein Fest. Für Filmliebhaber surrealistischen Horrors ein absoluter Pflichtkauf.

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