Kurz:
Der Serienkiller Jack Frost führt seine Mordserie nach seinem Tod als frostiger Schneemann fort. Denn seine Seele ist Chemikalie. Logisch!
Lang:
Nach einem misslungenen Transport zu seiner Hinrichtung und einem Chemieunfall, verbindet sich der Geist des Schurken „Jack Frost“ mit Wasserstoff-Atomen. Fortan tötet die übersinnliche Erscheinung kaltblütig die Bewohner einer amerikanischen Kleinstadt und verbreitet dadurch eine fröhlich-düstere Weihnachtsstimmung. Sein eigentliches Ziel: Rache nehmen am Sheriff Sam und seiner in Flanellstoff gehüllten Familie, dieser hat ihn ja auch zuvor beim Pinkeln verhaftet. Wieso er nebenbei die restlichen Einwohner ums Eck bringt, bleibt sein Geheimnis.
Regisseur Michael Cooney (Identity, 6 Souls) hat eindrücklich gezeigt, dass man einen absurden Horror-Streifen in 18 Tagen drehen kann. Und dies merkt man „Jack Frost“ von der ersten Minute an, dass weder ausreichend Geld, noch genug Produktionszeit vorhanden war. Vorab: Die Geschichte sollte in einer verschneiten Umgebung spielen. Mit Betonung auf „sollte“. Denn an den Drehtagen lag kein Schnee auf den Strassen und Dächern der kalifornischen Ortschaft. Kein Schnee und keine Zeit auf diesen zu warten? Kein Problem! Kurzerhand wurde Eis aus dem Tiefkühler verwendet und Schneemänner aus Watte und Kunststoff gebaut. Diese „Filmzauberei“ ist jedoch so augenscheinlich künstlich wie die aufgespritzten Lippen mancher Dschungelcamp-Kandidatin.
Woran noch gespart wurde, ist überraschenderweise auch am Hauptcharakter des Films: Der mordende Schneemann „Jack“. Er guckt zwar putzig und zugleich böse drein mit seinem süffisanten Lächeln und mit den gesenkten Augenbrauen. Jedoch ist es der einzige Gesichtsausdruck, welchen er draufhat. Ja genau! Der Killer in diesem Billigwerk ist ein überdimensionierter Schneemann aus Kunststoff, der fast gänzlich statisch ist. Seine Bewegungen begrenzen sich hauptsächlich darauf, dass er von einen zum nächsten Schnitt neu platziert wurde oder das ein Schauspieler mit weissen und flauschigen Topfhandschuhe seine Bewegungen und Hiebe andeutet. Und genau das wärmt das Herz eines Kultmoviegang-Mitglieds an kalten Tagen und lässt seine Mundwinkel noch oben wandern.
Selbst bei den morbiden Tötungsdarstellungen, die in „Jack Frost“ veranstaltet werden – eigentlich das Fundament bei Horror-Komödien – hat der kleinliche Produzent den Rotstift angesetzt. So in etwa stellen wir uns die Gespräche bei der Entstehung dieses Schunds vor, um uns die horrend billigen Slasher-Momente zu erklären:
Autor (mit ängstlicher und vorsichtiger Stimme): „Soll Jack einen Charakter durch einen sauberen Hieb mit der Axt töten?“
Produzent (mit herablassendem Ton und Zigarre im Mundwinkel): „Nein! Das ganze Makeup und Filmblut wächst nicht auf den Bäumen. Lass du lieber das dümmliche Publikum glauben, dass der Schneemann den Schaft der Axt in den Mund und durch die Speiseröhre des Opfers rammt. Das ist einfacher darzustellen und führt schlussendlich auch zum Tod! Muss man hier denn alles selber machen?!“
Diese und andere „wirtschaftliche“ Überlegungen führten wohl auch zum Höhepunkt (zumindest in Sinne eines „Best-Worst“) dieses filmischen Desasters: Die Badewannen-Szene mit der Shannon Elizabeth (Thir13en Ghosts, Love Actually) aka die heisse Austauschstudentin aus American Pie. Und zwar veranstaltet das psychopathische Scheemännchen ein frostiges „Stelldichein“ mit der anmutigen Schauspielerin. Wer jetzt an eine verstörende Szene mit Karotten und Eiszapfen als Sexspielzeuge denkt, der täuscht sich gewaltig. Der alberne „Akt“ reduziert sich auf einem Geruckel der Darstellerin mit der starren Requisite und ihren Schreieinlagen. Es gibt nicht mal einen Nippel zu sehen.
Was einem entgegen der sparsamen Grundhaltung zum Staunen bringt, ist als eine Frau auf „weihnachtliche“ Art und Weise umgebracht wird. Und zwar drücken die weissen Fäustlinge den Kopf der Schauspielerin in eine Schachtel, die mit Weihnachtskugeln gefüllt ist. Dabei gehen eben diese Sphären zu Bruch und die Scherben töten das wehrlose Opfer. Was für eine Verschwendung! Bei diesen Kugeln muss es sich wohl um ein Werbegeschenk gehandelt haben, denn anders lässt es sich nicht erklären, wieso diese Requisiten so unachtsam verprasst wurden.
Was weiter zur Unterhaltung sorgt, sind die Was-zum-Väterchen-Frost-Momente. Hier eine kleine Kostprobe für euch:
- Der Wagen für den Transport des Häftlings ist mit „State Executional Transfer Vehicel“ angeschrieben.
- Der kleine Junge nimmt eine Schneemann-Handpuppe zur Hilfe, um zu wissen wohin Möhren-Nase und Kohlen-Augen bei einem Schneemann gehören.
- Die paarungswillige Teenagerin föhnt sich die Haare bevor sie ein warmes Bad nimmt.
Fazit:
„Jack Frost“ ist eine unterhaltsame und unspektakuläre Billigproduktion mit plumpen Humor: „What’s the difference between snowmen and snow women? Snowballs!“ Macht aber deswegen gute Laune. Die Stimmung erinnert (weit) entfernt an Gremlins und Fargo. Unsere Empfehlung: um den Film vollumfänglich geniessen zu können, trinkt Eierpunsch