Kurz:

Weisser Hai mit recht hohem Aggressionsfaktor verspührt die unbändige Lust, sich in Blake Livelys Schenkel zu verbeissen.

Lang:

Da ist sie also, die hübsche Blake Lively, die in nicht enden wollenden Slow-Motion-Einstellungen zeigt, wieso sie nicht nur bei Haien zuoberst auf der Naschliste steht. In bester „Musik-Video“-Ästhetik paddelt sie an einem verlassenen Traumstrand durch Wellen und Korallen, nur um ihrer an Krebs verstorbenen Mutter irgendeinen komischen Tribut zu zollen. Naja, der Titel „The Shallows“ könnt auch als Beschrieb der Storydichte gut hinhalten. Ziemlich seicht und flach das Ganze. Aber egal, wir haben ja Blake – und die ist alles andere als flach. Bevor sich der (männliche) Zuschauer aber voll und ganz von den fleischigen Schauwerten Livelys einlullen lässt, reisst der eigentliche Star des Films das Zepter an sich. Vorhang auf für einen richtig übel gelaunten Fisch.

Frisch aus dem offensichtlich erfolglosen „Anger-Management“-Seminar ausgebüxt, flieht der fischige Antagonist an den namenslosen Traumstrand und beisst sich herzhaft durch einen 4-Gänger. Seine Attacken krachen mit fettem 5.1-Surround-Sound aus den Boxen und treiben kalten Schauer über die Rücken der Zuschauer. Auch die Animation des Hais ist eindrücklich. Selten könnte in einem Hollywood-Filmchen eine (optisch) dermassen realistische Darstellung eines weissen Hais genossen werden. OK, einzwei Einstellungen machen klar, dass „The Shallows“ doch kein „National Geographic“-Gone-Wrong-Experiment ist; ansonsten aber Chapeaux, so machen Hai-Filme Spass.

Wie erwähnt ist die Story hanebüchen. Wieso die Surfer einen toten, im Meer treibenden Buckelwal nicht (oder zu spät) entdecken, ist ähnlich unerklärlich, wie die unsäglichen, im Niemandsland per Skype (oder Facetime) geführten Telefonate von Livelys Filmfigur. Wen kümmern diese belanglosen, klischierten Backstories? In einem Hai-Horror-Streifen wollen wir vor allem eines: Action! Und die gibt es in der zweiten Hälfte des Films reichlich. „The Shallows“ hat mit Blake Lively und dem weissen Beisser zwei sehr sehenswerte Protagonisten auf der Habenseite. Beide bekämpfen sich auf Augenhöhe und liefern sich ein atemlos spannendes Duell. Der restliche Cast kann an einer Hand abgezählt werden. Nebst reichlich Fischfutter, brilliert eigentlich nur ein weiterer Nebendarsteller: eine Möve mit dem grandiosen Namen Steven (!) Seagull. Der Vogel ist für die Dame auf dem Fels in der Brandung deren psychischer Fels in der Brandung und zudem auch eine praktische Rechtfertigung, dass Lively doch noch ein paar wenige Dialogzeilen vortragen darf.

Vielenorts wird das Finale des Streifens als „Over-The-Top“ oder unpassend beschrieben. Für uns war es nur eine konsequente Weiterführung der Mainstream-Pop-Ästhetik der Anfangsminuten. Der Streifen will trotz realistisch, animiertem Hai und reduziertem Setting nicht realistisch sein; und zieht dies zum Glück auch konsequent durch. Gut so. „The Shallows“ ist näher bei Popcorn-Unterhaltung à la „Deep Blue Sea (2009)“ angesiedelt, als beispielsweise bei den sehr real gehaltenen „Open Water (2003)“ oder „The Reef (2010)“ (beides übrigens auch sehr gute Hai-Filmchens).

Fazit:

Regisseur Jaume Collet-Serra („Unknown“, „Non-Stop“, „Orphan“) liefert mit „The Shallows“ seinen bisher besten Film ab und bietet knapp 90 Minuten besten Fisch-Terror. Der Streifen ist einer der besten, packendsten Hai-Filme der letzten Jahre. Da können alle „Sharknados“, „Mega-Sharks“ und Konsorten zigmal einpacken.

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