Kurz

Lass Jesus alle Surfer heilen!

Lang

Um den Film „Surfer Teen Confronts Fear“ in seiner vollen Pracht wertzuschätzen, müssen wir kurz ausholen:

Oh hai Douglas!

Wir kennen sie fast alle: Die passionierten Filmemacher:innen, welche ihren Traum vom kassenlassenklingelnden, buzzword-generierenden Überfilm leben. Auch der Amerikaner Douglas Burke gehört zu dieser Sorte. So sieht der hübsche Kerl aus:

Geboren 1963, entdeckte der studierte und bei seinen Schülern sehr beliebte Physik-Professor in den Achtzigern seine Liebe zum Film und setzte im renommierten Lee Strasberg Theater Institute zum Nachdiplomstudium in Method Acting an. „Surfer Teen Confronts Fear“ war aber nicht von Anfang an als sein Filmdebüt gedacht, sondern entstand eher zufällig.

Oh hai Sage!

Sage Burke, zweiter Hauptdarsteller und Sohn von Douglas, ist seit dem Kindergarten ein passionierter Surfer.

Sein zu recht stolzer Dad begleitete die Entwicklung des Sohnemanns auf dem Surfbrett von Anfang an. Hautnah und mit der Kamera im Gepäck hatte Douglas einen einfachen Familienfilm über die Vorschritte seines Surfer-Boys im Hinterkopf. Doch nach zig Stunden Material, hauptsächlich von miss- und geglückten Wellenritten, beschloss Douglas seinen Sohn zu fragen, ob er Lust hätte, daraus einen Kinofilm zu drehen. Sage war dabei. Beim offiziellen Drehbeginn war Sage fünf Jahre alt. Die Produktion des Vater-Sohn-Projekts dauerte 9 Jahre!

Sage Burke surft noch heute. Hier ein Bild aus seinem Insta-Account.

Amen

Douglas Burke ist ein spiritueller, gläubiger Mensch. Im Drehbuch zu „Surfer Teen Confronts Fear“ verarbeitete er sein tiefes Interesse an der Verbindung zwischen physischer Materie und lebenden Organismen. Hauptsächlich im Meer findet Burke oft den nötigen Energiespeicher. Entsprechend ist auch klar, wieso der Film nur von spirituellen Weisheiten strotzt. Ein paar Quotes gefällig?

„The ocean is the key to conquering fear.“

„There is always a whale crying in the deep ocean.“

„Fear is just identities inside, that need your spirit.“

„When these cells of fear are born, they are vibrating like little babes in the woods.“

Douglas Burke, 2018

Das ganze Menü

OK, das „Mise en Place“ steht: Ein passionierter Filmemacher-Vater, ein talentierter Surfer-Sohnemann und ein Haufen Spiritualität. Machen diese Zutaten jetzt einen guten Film? Nö. Ergeben sie einen charmanten, einzigartig konfusen Best-Worst-Klassiker? Hell yeah.

Wann bietet sich schon die Möglichkeit über 100 Minuten dabei zuzusehen, wie ein Teenager mithilfe von Geistern, Spiritualität, Patriotismus, Glockengeklimper und einer Armada endlos langer Monologen sein Surf-Trauma überwindet? Richtig: Nirgends!

What a story

Die Story, mit welcher Burke die Surf-Aufnahmen seines Sohnemannes zu verbinden versucht, könnte nicht abstruser sein. So verarbeitet in „Surfer Teen Confronts Fear“ ein Surfer-Teenie (Sage Burke) sein traumatisches Surf-Erlebnis, weil so unter eine Welle gespült zu werden ist halt nicht sonderlich nett. Liebend gerne würde der Teen sich wieder ins Nass stürzen, doch weil er es mental nicht mehr hinkriegt, geht er stattdessen fischen. Dort spült es eines Tages einen vermeintlich gestrandeten Surfer (Douglas Burke) an Land. Teenie eilt zu Hilfe. Aber huch, dieser Surfer ist gar kein Surfer, sondern er outet sich als Geist seines toten Vaters, welcher von Gott zurück auf die Erde geschickt wurde, damit sein Sohn sein Surf-Trauma überwinden kann. Halleluja!

Leider ist die Lebenserwartung des Vater-Geistes nicht endlos. Gott hat ihn nämlich aus Tintenfisch und Elektrizität geschaffen und sein physischer Körper beginnt sich bereits nach einer handvoll Minuten an Land aufzulösen (Nice planing, God!). Vorhang auf für das wohl beste schlechteste Schauspiel in der Geschichte aller Best-Worst-Filme.

Schauspielerei und andere Unzulänglichkeiten

Wenn Surfaufnahmen nicht so dein Ding sind, Douglas Burke macht den Film sehenswert! Seine Hingabe, als ein sich langsam in seine Einzelteile zersetzender Tintenfisch sucht seinesgleichen. Over-Acting ist hier eine waschechte Untertreibung.

Sogar Nicolas Cage wird vor Neid erblassen.

Nebst der schauspielerischen Tour-de-Force und den gefühlt 100 Surfaufnahmen bietet der Film auch weitere Best-Worst-Zutaten:

Ton: Praktisch der ganze Film ist ADR. Heisst nachträglich vertont. Soweit so machbar, aber warum zur Hölle dem Voice-Over-Sprecher kein Glas Wasser zur Seite stand, bleibt das Geheimnis des Regisseurs. Jedenfalls kämpft sich die Stimme durch ihre Zeilen, wie ein Goldfisch ausserhalb seines Aquariums. Kommt dann doch mal ein Lavalier-Mikro zum Einsatz raschelt die Kleidung und bei den paar wenigen Boom-Mic-Einsätzen liegt der Film akustisch auf Birdemic-Niveau. Auch nett: Der „Soundtrack“ besteht entweder aus atonalen Guitarren-Geklimper oder noch schlimmerem Glockenspiel.

Bild: Auch hier sind keine Profis am Start und bei den Amateur-Aufnahmen wird teils so stark reingezoomt, dass das Bild komplett unscharf wird. Eh nu.

Skript: Wenn Sage grad nicht wieder in die Wellen kracht, referiert Douglas. Und ein Monolog kann in diesem Film schon gut mal über 10 Minuten dauern.

Supporting Actors: Schwierig, hier einzelne Personen hervorzuheben. Ist halt einfach ein gutes Ensemble. Vom Doktor, welcher am Ellenbogen den Blutdruck misst, bin hin zu den Real-Life-Buddies von Sage, welche doch gut und gerne die vierte Wand durchbrechen, es passt einfach alles.

Pretending to be David Hasselhof is fun.

Pretending to be an army guy not so much.

One reason more to love Douglas.

Oft machen wir es uns recht einfach, talentbefreite Filmemacher in die Pfanne zu hauen. Bei Douglas Burke fällt es uns irgendwie schwer. Er ist ein sehr liebevoller Mensch und weit entfernt vom Narzissmus eines Tommy Wiseaus. Dies zeigt nicht nur der persönliche Austausch, welchen wir im Rahmen des „Best Worst Screenings“ vom 6. Mai 2022 hatten, vor allem beeindruckt uns dieses sympathische Video, in welchem Burke eine Razzie-ähnlichen Award als „Bester Schauspieler“ persönlich abholt.

Fazit

„Surfer Teen Confronts Fear“ ist ein Film, den es eigentlich nicht geben sollte. Trotzdem sind wir extrem dankbar, dass es ihn gibt und freuen uns, diesen im Rahmen einer Worst-Night im Kino zu präsentieren:


Note to self

Wie immer an unseren Screenings überlegen wir uns im Vorfeld, wie sich das Animationsprogramm im Kinosaal gestalten lässt. Bei jedem „Spirit“ einen Shot herunterzukippen würde rasch tödlich enden. Wollen wir nicht. Denke wir werden uns auf eine der folgenden Handlungsempfehlungen einigen:

  • Applaus und Anfeuerungsrufe bei jedem gestandenen Wellenritt.
  • Applaus bei jeder Montage. Sei es ein Training oder auch nur das Einwachsen des Surfbretts.
  • Wenn Sage wiedermal in die Wellen kracht, werfen wir Rettungsringe durchs Kino.
  • „Autsch“ bei jedem Sage-Plättler oder „Amen“ nach jeder Douglas-Predigt.

Ach, uns wirds sicherlich nicht langweilig.


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One thought on “Surfer Teen Confronts Fear (2018)

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