Kurz:
Eigentlich will sich Agent Jack Hazard nur in den Ferien von seinem Fauxpas, dummerweise einen Undercover-Agenten bei einer Razzia aus dem 10. Stock geschmissen zu haben, ausruhen, doch Adrenalin und Testosteron machen ihm einen Strich durch seinen Wellness-Urlaub.
Lang:
Aaron Norris ist der Bruder von Chuck Norris. Gleiche Visage, viel übleres Schauspiel. Genau, als ob Chuck eine Schauspiel-Koryphäe wäre. Doch der jüngere Bruder untertrifft das Können der Action-Ikone und dümpelt auf ultra, tiefstem Niveau. Mit dem Schauspieltalent ähnlich einer Ravioli-Büchse, versucht Aaron seinen Bruder-Komplex zu besiegen. „Was mein Bruderherz kann, kann ich schon lange“, ein bisschen Harter-Kerl, ein bisschen Womanizer, aber leider kein bisschen gut.
Der Geschichte von „Overkill“ (auch bekannt unter dem Titel „Death Race – Renn um dein Leben“) ist dem Niveau des Hauptdarstellers ebenbürtig. Am Reissbrett ausgedacht, ist der Streifen vor allem eines – diffus. Die Story geht – sofern wir’s richtig begriffen haben – in etwa so:
Jack Hazard möchte in der Karibik den eingangs erwähnten Urlaub machen, als er bei einem Pina Colada über Hacker Gary stolpert, der soeben seinen Vorgesetzten Lloyd Wheeler mit reichlich High-Tech-Jibber-Jabber (aka Hacking) als Drogendealer enttarnt hat. Jack und Gary flüchten ins Landesinnere, doch Wheeler bläst mit seiner Privatarmee zur Menschenjagd. (Hören wir „Deadly Prey“-Rufe? Die Parallelen sind da, denn auch in „Overkill“ wird hauptsächlich durchs Gebüsch gerannt). Nach 20 Minuten startet also der Startschuss zur Hetze durch den Dschungel respektive den Hinterwald. Gewürzt wird das Ganze mit ein bisschen Mystik und Spiritualität.
Glücklicherweise ist nicht nur der Hauptdarsteller und die Geschichte saudumm, sondern auch die bösen Buben glänzen mit Talentlosigkeit. Wheeler (Michael Nouri) rennt schreiend mit seiner Privatarmee durch den Dschungel und macht mit seinem Over-Acting Norrises Under-Acting wett. Zudem bringt er zwei tolle Sidekicks mit auf seinem Jagdausflug. Ersterer ist der klare Antagonist von Hazard: schwarz, gross, muskulös und grimmig, so macht David Rowe vom ersten Auftritt an klar, dass ein Mann-gegen-Mann Schlusskampf unausweichlich wird. Was in einem B-Movie auch nie fehlen darf, bringt Wheeler praktischerweise als zweite Begleitung mit: eine vollbusige Lady, welche selbstverständlich schlussendlich Norrises‘ Brusthaar zu verfallen hat und nebenbei auch noch für einen der unglaubwürdigsten Twists in der Geschichte des Trash-Kinos sorgt.
Es gibt viele Szenen, die einigermassen kritische Zuschauer laut auflachen lassen. Wenn etwa Norris und sein ach-so-lustiger Buddy durch einen Fluss joggen um „keine Spuren zu hinterlassen“, die Bösewichte aber bloss die Hand ins Nass legen müssen, um anhand der Strömung zu fühlen, wo sich die fleischigen Zielscheiben genau aufhalten. Oder die Mutter aller Logiklöcher, als Norris ohne Vorsprung auf seinen Verfolger in bester MacGyver-Manier, innert wenigen Minuten – natürlich abseits der Kamera, mit Baustämmen, Bambusrohren, Gummizügen und was alles sonst noch so in einem Wald herumliegt, zig tödliche Fallen aufstellt, die die Hälfte der Armada, während ihrer spontanen Rastpause, auf Platz auslöscht.
„Overkill“ ist ein sinnfreier Action-Kracher aus den späten 90ern. Nichts passt zusammen, die Aufgabe von Regisseur Dean Raphael Ferrandini war es primär Aaron Norris als Action-Star zu etablieren. Es blieb seine letzte Hauptrolle. Gleiches gilt für den Regisseur, „Overkill“ war sein erster und letzter Film. Ferrandini ist aber bis zum heutigen Zeitpunkt ein in Hollywood angesehener Stuntman, nächstes in „Spiderman – Homecoming“ (nicht) zu sehen.
Fazit:
90er-Kracher auf dem Niveau eines „Hard Ticket To Hawaii“, jedoch mit noch üblerem Schauspiel und einem Quäntchen mehr Gewalt. „Overkill“ lässt einen Haufen Stereotypen hölzerne Dialoge vortragen und schummelt sich durch ein Drehbuch, dünner als ein Lasagnenblatt. Klarer USP des Streifens ist aber Aaron Norris; seine Lockenföhnfrisur und die endlose Selbstverliebtheit bleiben bis zu Schluss ein Hingucker.