Kurz:
She-Hulk rennt in Stöckelschuhen durch zerbombtes Dorf. Und führt langweilige Gespräche. Nackt.
Lang:
„She-Hulk rennt in Stöckelschuhen durch zerbombtes Dorf. Und führt langweilige Gespräche. Nackt.“ Eigentlich gibt es nicht mehr über „Nemesis 4: Death Angel“ zu erzählen. Da wir uns aber nun mal durch 80 Minuten Sci-Fi-Wahn gerungen haben, sehen wir es als unsere Pflicht, das Gesehene festhalten.
Fundgrube des Grauens
Oft werden wir gefragt: „Kultmoviegang, wo findet ihr immer solche ausgewählte, cineastische Scheisse?“ Naja, das ist eigentlich ganz einfach: gab es früher bei City-Disc (RIP) noch schamlos gekennzeichnete „Top-Flop“-Titel, schnüffeln unsere Spürnasen heute online durch Ausverkaufstitel. Besonders beknackte Filmtitel oder lächerliche Cover kommen jeweils subito auf die Shortlist und wandern von dort oft direkt in den Warenkorb. Wenn beispielsweise „Deine Quelle für Kultfilme“ aka Platinum Cult Ausverkauf feiert, klicken wir an vorderster Front. Und so gelangte auch „Nemesis 4: Death Angel“ für läppische 5 Euro via Warenkorb auf unseren SUF (Stapel ungesehener Film) – und von dort jetzt in unseren Blu-Ray-Player.
Klar, grösstenteils sind Ausverkaufstitel effektiv unsäglicher Schrott. Nur ein kleiner prozentualer Ansatz schafft es, sich in Best-Worst-Gefilde vorzutasten und nur ein weiterer kleiner Teil davon bringen wir schlussendlich an einer Best-Worst-Night im Kino. „Nemesis 4: Death Angel“ schafft es locker auf Stufe 1, bleibt dort aber kleben. Doch der Reihe nach.
Albert „Cyborg“ Pyun
Der Streifen wurde von Albert Pyun geschrieben und inszeniert. Pyun war besonders in den 90ern der Go-To-Guy, wenn es um schnelle, günstige Action-Filmchen ging. Grund dafür war der Überraschungserfolg, welchen er 1989 mit dem JCVD-Vehikel „Cyborg“ feierte. Doch weder Captain America (1990) noch die Nemesis-Reihe (1992-1996) brachten den gebürtigen Hawaiianer aus der Direct-To-Video-Ecke. Tja, hätte er nur mit Vincent Klyn weitergearbeitet. Stattdessen fand Pyun eine neue Muse: Sue Price.
Sue „The Body“ Price
Price ist eine US-amerikanische Bodybuilderin und Schauspielerin. Dass sie den Titel „Schauspielerin“ (über)strapaziert, beweist ein Blick auf ihr filmisches Schaffen: Nemesis 2: Nebula, Nemesis III: Prey Harder, Nemesis IV und Nemesis 5: The New Model. Letzterer 2017 auf die Menschheit losgelassen. (Notiz an uns selbst: suchen, kaufen, SUF.)
Wenn der Zuschauer die gute Price dabei beobachtet, wie sie in ihren Stöckelschuhen über brüchigen Asphalt navigiert oder komplett emotionslos ihre Dialoge runterleiert, wird schnell klar, dass Pyun sie wohl nicht wegen ihrem Schauspiel-Talent engagierte. Wenigstens dufte sie während den fünf (!) Drehtagen schon mal das Schuhwerk wechseln. Schade konnte sich anscheinend niemand die Schuhfarbe merken. So wechseln ihr Stöckelschuhe von weiss, zu schwarz und zurück. Auch innerhalb einer Szene.
Noch hölzerner als ihr Gang, ist ihr Schauspiel. Trotzdem konnte Regisseur Pyun dem weiblichen Muskelberg nach dessen Integration in Teil 2 und Teil 3 auch für Teil 4 nicht widerstehen. Und weil Pyun bei „Nemesis III: Prey Harder“ anscheinend an Schreibstau litt und deshalb 60% des Materials aus „Nemesis 2: Nebula“ recycelte, musste für „Nemesis 4: Death Angel“ zwingend ein neuer Ansatz her.
Und dieser war schnell gefunden: Sue Price zieht blank.
So bleibt die Hauptfigur der weibliche Cyborg-Hunter Alex Sinclair (Price), doch dieses mal setzt sie ihre weiblichen Reize ein. Jedenfalls das, was noch davon übrig ist. Der wandelnde Steroiden-Tank wirkt als Verführerin in etwa ähnlich deplatziert, wie Hulk Hogan am Wiener Ball. Da hilft auch die nachträglich synchronisierte Susi-Sorglos-Stimme nicht.
Dafür sind des Cyborgs Brüste jetzt auch Waffen. So spriessen schon mal Nadeln aus ihren Nippeln (Aua!) oder sie setzt die Silikonhalter ein, um ihre Feinde aufzugeilen und ihnen dann mit der „Schenkelschraube des Todes“ die Luftzufuhr abzudrücken.
Softporn für Cybodybuilder
Ja, „Nemesis 4“ ist ein billiger, abtörnender Cyborg-Softporno. Schon nach 15 Minuten Laufzeit kriegt der Zuschauer drei Sexszenen um den Kopf gehauen. Wenn du schon immer wissen, und vor allem sehen möchtest, wie Cyborgs miteinander beischlafen: „Nemesis 4: Death Angel“ ist dein Film. Spoiler: auch Cyborgs haben anscheinend so ne Art Penis, welcher entweder zur Tötung oder zur Stimulation eingesetzt werden kann. Egal, Hauptsache ihre Augen leuchten schön.
Um was geht’s?
Die Story geht wie folgt: Das Cyborg-Sein ist 2080 verboten. Eine geheime Cyborg-Organisiation kümmert sich darum, Cyborgs auszulöschen. (Ja, Pyun kennt „Blade Runner“.) Alex Sinclair (Sue Price) kriegt einen solchen Auftragskill zugeteilt, eliminiert aber den falschen, was dann – wieso auch immer – einen Cyborg-Bandenkrieg heraufbeschwört. Tönt einigermassen spannend, ist es bei Weitem nicht. Die verschiedenen Cyborg interagieren grösstenteils durch zusammengeschnittene Skype-Aufnahmen. Selten bis nie sind mehr als zwei Schauspieler gleichzeitig im Bild. Soviel zum Bandenkrieg. Aber darum geht es ja auch nicht, die Hauptdarstellerin ist nackt, remember?!
Cheap-Cheap-Cheap
„Nemesis 4: Death Angel“ wurde in 5 Tagen gedreht. Und man sieht’s. Auch an den drei verschiedenen Sets, welche in diesem Streifen Abwechslung vorgaukeln. Alte Stationwagons für verzworgelte Sexszenen, eine tristere Gasse in einer tristen osteuropäischen Stadt für tristeste Actionsszenen und ein pechschwarzer (!) Raum für Innenaufnahmen. That’s it. Auch mit den gelegentlich ums Ecks schauenden CGI-Effekten wird das limitiere Budget nicht zusätzlich belastet. Ja, einzelne Szenen würden weder in „Birdemic 1 +2“ noch in „Who Killed Captain Alex“ gross auffallen. Autsch.
Fazit
Wenn ein Film, welcher nur 77 Minuten dauert und Rückblenden aus Teil 2 und 3 einkopiert, zudem mit einem ultralangen Abspann aufwartet, der die „besten“ Szenen des Films nochmals abfeiert, dann weißt du, dass etwas wohl nicht stimmt mag. Egal. Bizeps-Training, Cyborg-Sex, Plotholes. Mehr gibt es nicht, mehr braucht es nicht. Ja, manchmal können auch Filme, wie „Nemesis: Death Angel“ in ihrer absoluten Unbedarftheit ein Segen sein.