Kurz:
Im rassistisch gefärbten Hillybilly-Städtchen Derry setzt ein bösartiger Sadist Kids ihren ärgsten Albträumen aus. Nein, es geht nicht um Freddy Krüger, in „It“ treibt eine Entität namens Pennywise ihr Unheil.
Lang:
Jetzt läuft er also auch bei uns im Kino. „It“ ist schon jetzt der erfolgreichste Horrorfilm aller Zeiten, dessen Trailer auf Youtube am ersten Tag 197 Millionen Mal aufgerufen wurde und mal so locker am Startwochenende $123,403,419 in die amerikanischen Kinokassen spülte.
Anscheinend lohnt es sich ans Böse zu glauben, die Produzenten des Streifens pokerten von Anfang an hoch. So setzten sie auf einen gänzlich unbekannten Cast, einzig Finn Wolfhard („Stranger Things“) ist ein bekanntes Gesicht und engagierten, nachdem Cary Fukunaga („True Detective“) aufgrund Terminüberschneidungen den Stuhl räumen musste, mit dem argentinischen Filmregisseur Andy Muschietti (bürgerlicher Name Andrés Muschietti) einen Drahtzieher, welcher bisher nur einen einzigen Langspielfilm realisierte.
Man darf dem Filmstudios auch feines Gespür attestieren, denn wer bei Muschiettis Filmdebüt genau hinschaut, erkennt darin das perfekte Bewerbungsschreiben für „It“. Bereits beim spanisch sprachigen Mama spielte der Argentinier gekonnt auf der übernatürlichen Klaviatur, ohne dabei ins generische Horror-Geplänkel abzudriften.
Kommt hinzu, dass Muschietti eine Horde talentierter Filmemacher zur Seite gestellt wurde. Besonders hervorzuheben sind Benjamin Wallfisch, der Golden Globe and Emmy nominierte Komponist, welcher „It“ abwechselnd in melancholische, verstörende, brutal abgefuckte oder wenn nötig auch mal optimistische Klangfarben taucht oder der für die Cinematography verantwortliche Koreaner Chung-hoon Chung. Chung ist sowas wie der Hauscinematograph Chan-wook Parks („Oldboy“, „Thrist“, „Stoker“) und wer die Filme Parks kennt weiss, was für cineastische Leckerbissen hier ins Auge getröpfelt werden.
„It“ macht vieles richtig. Besonders Bill Skarsgård ist eine Wucht. Kurzfristig für Will Poulter („The Revenant“, „The Maze Runner“) eingesprungen, dominiert das schwedische Fotomodell mit seiner verspielt sadistischen Art den Film nach Belieben. Doch entgegen dem 1990 in der TV-Serie von Tim Curry verkörperten Pennywise, ist der manische Clown hier nicht das Glanzlicht, welches von einem eher mediokren Drehbuch und mittelmässigem Schauspiel ablenken muss, nein, bei der 2017-Ausgabe, wird einer grandioser Pennywise auch in einem grandiosen Gesamtpaket serviert.
Der Losers-Club, bestehend aus jedem erdenkliche Klischées eines Coming-Out-Of-Age-Filmes, der Dicke, der Nerd, der Schwarze, das Mädchen, der Stotterer, der Hypochonder, verleiht dem Film etwas, was in einem Horror-Film leider selten vorhanden ist: Herz. Wie schon bei Stephen Kings „Stand By Me“, schöpft „It“ die Kraft des Films aus der Gruppendynamik der Losers. Wie sie gemeinsam oder in der Gruppe ihre eigenen, realen und fiktiven Dämonen gegenüber treten, ist auch ohne dem nach Blut und Angst geifernden Pennywise fesselnd.
OK, das R-Rating hätte natürlich für meinen Geschmack noch mehr ausgekostet werden dürfen. Ein paar abgetrennt Gliedmassen und Blutfontänen müssen hier reichen, um den Blutdurst von Gore-Hounds zu befriedigen. Dafür sind die Special Effects brilliant. Ein paar Szenen werden sich mit Sicherheit auf Lebzeiten in dein Gedächtnis einbrennen (Dia-Show anyone?). Versprochen!
Die Laufzeit von 135 Minuten geht runter wie Butter, trotzdem schafft es „It“ gegen den Schluss hin nicht, die Spannung aufrecht zu erhalten und driftet in den letzten 20 Minuten immer mehr in Richtung Deja-Vu-Horror-Kost. Auch die immer gleichen Jump-Scares ermüden mit der Zeit und lassen Pennywise gegen Ende recht lächerlich erscheinen. Schade.
Trotzdem ist „It“ ein Highlight des Kinojahres – und des Horror-Genres.
Fazit:
„It“ ist stellt seinen, durchaus okeyen Vorgänger locker in den Schatten. Ein brillanter Pennywise, sattelfeste Filmemacher und ein durchs Band weg sympathischer Cast heben den Film locker in die Top 5 aller Stephen-King-Verfilmungen. Zudem: wer kann einen Film, der sowohl „Anthrax“ als auch „New Kids On The Block“ huldigt nicht lieben?