Kurz:
Drei flogen über das Kuckucksnest.
Lang:
Was war das für ein Mindfuck, als wir vor drei Jahren im Kino sassen und das Ende von „Split“ erleben durften. Was uns da in den letzten Sekunden serviert wurde, liess den gesamten Film in einem völlig anderen Licht erstrahlen. Mit offenen Mündern sassen wir da und verstanden erst jetzt, was Regisseur M. Night Shyamalan uns serviert hatte.
„Split“ war nämlich nicht nur ein Film über einen Psychopathen, der mehrere Identitäten unter seiner Haut vereinte, sondern auch eine heimliche Fortsetzung zum Mysterie-Hit „Unbreakable“ aus dem Jahr 2000. Das Besondere an der ganzen Sache: M. Night Shyamalan hat alles heimlich geplant und uns total überrascht.
Ein kurzer Rückblick
In „Unbreakable“ erlebten wir eine etwas andere Superhelden-Origin-Story: David Dunn (Bruce Willis) überlebte als einziger einen fürchterlichen Zugunfall und galt seit diesem Zeitpunkt als unverwundbar, unzerbrechlich. Er wurde schliesslich zu einem Superhelden, der sich seiner Nemesis Elijah Price (Samuel L. Jackson) stellen musste. Der Clou: Der Bösewicht war damals für den Zugunfall verantwortlich, um zu beweisen, dass es Übermenschen gibt. Eine verrückte aber originelle Geschichte.
Die Story war eigentlich abgeschlossen. So dachten wir jedenfalls. Doch schon zu diesem Zeitpunkt liess Shyamalan durchsickern, dass er eigentlich sehr gerne eines Tages seine eigene Version einer Superhelden-Trilogie erschaffen möchte. Dass er 16 Jahre danach tatsächlich mit „Split“ heimlich eine Fortsetzung zu „Unbreakable“ ins Kino bringt, um damit den Weg zu einem Schlussakt zu ebnen, konnte niemand ahnen. Nun ist „Glass“ da und bringt die Trilogie zu einem Abschluss.
Alle drei zusammen
Zu Beginn ist David Dunn (Bruce Willis) der Bestie aus „Split“ (James McAvoy) dicht auf den Fersen und es kommt schliesslich zu einem ersten Kampf. Nach dieser heftigen Auseinandersetzung landen jedoch beide in einer Irrenanstalt, wo die Supermenschen untersucht werden. In dieser Anstalt sitzt auch Elijah Price (Samuel L. Jackson) und scheint emotionslos das Treiben zu beobachten. Ist der Schurke im Rollstuhl aber tatsächlich psychisch total weggetreten, oder schmiedet er schon seit Jahren einen Plan, um die drei zu vereinen?
Anspielungen und Unsicherheit
Die Erwartungen an „Glass“ waren gross, ja sogar riesig. Nach dem spektakulären „Split“-Schluss erhoffte man sich nun einen fulminanten Endtwist. Dieser wird geliefert, nur anders, als wir es uns erhofft haben. Kenner des Superhelden-Genres bekommen genau das, was sie auch erwarten, werden aber auch immer wieder durch krude Situationen überrascht. Natürlich werden wir hier keine Details verraten, denn „Glass“ hat ein paar richtig gute Wendungen auf Lager, wenn man denn tolerant ist und dem Film die Zeit gibt, die er braucht, um überraschen zu können.
In seiner Grundthematik bleibt der Trilogieabschluss etwas gar einfach. Die vielen Anspielungen auf die Comicbücherwelt sieht man schon von weitem kommen und auch der Ausgang der Geschichte liegt dann doch schnell auf der Hand. Doch dazwischen schafft es M. Night Shyamalan immer wieder Unsicherheit zu schüren. Auch wenn man kopfnickend im Kino sitzt und sich einredet „jaja, das wusste ich doch“, gibt es immer wieder Momente, wo man sich eingestehen muss, dass man doch noch überrascht werden kann. Bis solche Momente auftauchen, braucht man aber Geduld. Die Geschichte ist zäh und will nicht so recht an Fahrt gewinnen. Es braucht seine Zeit bis sich die drei gegenüberstehen, respektive nebeneinander sitzen und ihre wahren Beziehungen zueinander offenbaren.
Komm zur Sache!
Überlänge ist ein Problem, das M. Night Shyamalan immer wieder hat. Der Regisseur schafft es nur selten auf den Punkt zu kommen. Zu oft verzettelt er sich in Details und holt viel zu weit aus. Daran leidet auch „Glass“. Vor allem zu Beginn und im Schlussakt möchte man dem Film einen Schubser geben, damit er endlich zur Sache kommt. Auch diesen Shyamalan-Film muss man wohl nach der Erstsichtung ruhen lassen und zu einem späteren Zeitpunkt nochmals und nochmals konsumieren, um ihm wirklich gerecht zu werden. Denn seine enorme Bedeutung für den Regisseur ist jederzeit spürbar. Da verzeiht man ihm auch den oft etwas zu dick aufgetragenen Pathos.
Fazit:
„Glass“ ist ein würdiger, runder Abschluss der etwas anderen Superhelden-Trilogie von M. Night Shyamalan. Auch wenn er stellenweise zäh ist, ist er dann doch wieder äusserst konsequent und erzählt (fast) alles zu Ende. Natürlich nimmt dieser Abschluss vor allem dem Erstling „Unbreakable“ etwas gar viel von seiner Faszination, weil er diverse Hintergründe und Entwicklungen versucht zu erklären. Eine Entmystifizierung ist aber nur die logische Konsequenz. Denn wenn man eine Trilogie zu Ende erzählen will, muss man auch zum Ursprung der Dinge zurückkehren und den Kult in seine Einzelteile zerbrechen.
3 von 5 Glassplittern
