Kurz:
Eine mechanische Schönheitskönigin begibt sich auf die Suche nach der eigenen Herkunft.
Lang:
„Who are you?“
Diese Frage wird Major (Scarlett Johansson) mehrmals gestellt. Durchaus berechtigt, denn auf den ersten Blick sieht sie wie ein Modell aus. Doch die funkelnden Augen, der sinnliche Mund sowie der schön geformte Körper trügen. Von dieser Schönheit kann die Dame nicht profitieren. Ihr Gehirn ist das einzig menschliche gebliebene Organ. Sie ist der „Geist in der Hülle“. Das äusserliche Erscheinungsbild wurde aus Bauteilen zusammengebastelt, um für die Organisation Sektion 9 bei der Verbrecherjagd behilflich zu sein. Major verrichtet die Arbeit exzellent, bis sich bei einer Schiesserei der Hacker Kuze einschaltet und sie zum Nachdenken bringt.
Mehr sei an dieser Stelle nicht über die Handlung verraten. Kenner der Vorlagen, also des Mangas, der Serie und den beiden Filmen wissen Bescheid, alle anderen dürfen sich überraschen lassen.
Die Fans führen an, dass diese teilweise komplexer, ruhiger und tiefsinniger aufgebaut sind. Diese Aussage hat Berechtigung. Dennoch besitzt die amerikanische Realverfilmung ihre Reize. Der Regisseur Rupert Sanders („Snow White and the Huntsman“) verbeugt sich vor den Wurzeln anstatt sich davon zu distanzieren. Dabei glänzen besonders der visuelle Stil und die gute Besetzung der Schauspieler.
Da wäre zum einen die Hauptdarstellerin. Scarlett Johansson überzeugt als zwiegespaltene Figur. Da sie als Cyborg die meiste Zeit kaum Mimik aufweist, passt die Darbietung zur Rolle. Einige sind auf die Barrikaden gegangen, als sie für die Hauptrolle bestätigt wurde. Nicht asiatischer Herkunft und daher ungeeignet für den Film war der Tenor. Dass der Schöpfer des Originalfilms, Mamoru Oshii sich bei einem Interview für Scarlett ausgesprochen hat, scheint untergegangen zu sein. Die Worte, dass die Figur nicht explizit asiatisch angelegt ist, sind deutlich genug um dieser Diskussion den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Unterstützt wird Scarlett von weiteren illustren Mitstreitern. Ein kleiner Coup stellt die Besetzung von „Beat“ Takeshi Kitano dar. Der japanische Komiker, Regisseur („Hana-Bi“) und Schauspieler („Battle Royale“) spielt Aramaki, den Mentor von Major. Dabei wird er nicht zur Nebenfigur degradiert, sondern nimmt einen wichtigen Teil im Geschehen ein.
Pilou Asbæk, bekannt aus der dänischen Serie „Borgen“, ist als Batou eine tolle Besetzung und sorgt für humoristische Auflockerung im ansonsten düster gehaltenen Geschehen.
Michael Pitt („Funny Games USA“) absolviert seine erste Rolle in einem Blockbuster. Ein talentierter Schauspieler, dessen eigentlich durchaus interessante Figur leider zu wenig Spielraum erhält. Ähnlich unter Wert gehandelt wird auch die von Juliette Binoche („Chocolat“) verkörperte Ärztin Ouelet.
Die musikalische Untermalung des Komponisten Clint Mansell („Requiem for a Dream“) passt zur futuristischen Szenerie. Letztendlich ist der Synthiesound aber zu eintönig, um sich längerfristig im Gehörgang festzusetzen.
Ein weiterer Pluspunkt des Films ist die Darstellung des Schauplatzes. Fantastisch, aus wie vielen Details Neo-Tokio besteht. Gebäude mit riesigen animierten Hologrammen auf den Dächern, ein High-Tech-Strassennetz, Roboter und genetisch aufgemotzte Menschen tummeln sich auf dem Gehweg. Dieser hohe Detailgrad lädt zum mehrmaligen Schauen ein, da einem viele Kleinigkeiten entgehen können.
Dem Augenschmaus gegenüber stehen die Actionszenen, welche zwar effekttechnisch gut aussehen, bei der Ausführung aber nicht über Mittelmass hinauskommen und den Film nicht über das Prädikat „gut“ hinausheben.
Der Versuch, Action gespickt mit philosophischen Ansätzen über die Menschlichkeit einem Massenpublikum schmackhaft zu machen, scheint angesichts des mangelhaften Einspielergebnisses gescheitert. Auch wenn der Film klar hinter seinen erzählerischen Möglichkeiten zurückbleibt, eine Fortsetzung wäre hier ausnahmsweise mal angebracht.
Fazit:
„Ghost in the Shell“ ist trotz seiner Mängel besonders für Fans von Science-Fiction sehenswert. Ein zu Unrecht geflopptes Experiment, japanische Stoffe in Realfilme umzuwandeln. Die arg vereinfachte Handlung sowie einige uninspiriert inszenierte Actionszenen drücken den positiven Eindruck herunter. Visuell gelungen, inhaltlich hüftsteif.