Kurz:
Ein Diamatenraub geht sowas von in die Hose.
Lang:
Nachdem „The Hateful Eight“ uns alles andere als begeisterte, musste ich meine verschrobenen Tarantino-Eindrücke wieder ist richtige Licht rücken und habe mir nach zig Jahren wieder mal „Reservoir Dogs“ reingezogen.
Das Erstlingswerk Quentin Tarantinos erschien vor 24 (!) Jahren und ist trotz unbestrittenen Klassikern wie „Pulp Fiction“ und „Kill Bill“ sein bester Film. „Reservoir Dogs“ ist im Vergleich zu allen anderen Outputs der rohste Streifen des selbsterklärten B-Movie-Fans. Da ein Großteil des Films in einer verlassenen Fabrikhalle spielt, unterstreicht dies die kühle Atmosphäre und – guter Nebeneffekt – konnten damit auch die Produktionskosten tief gehalten werden. Tarantino suchte nämlich lange vergebliche nach Investoren für „Reservoir Dogs“ und wollte den Film dann sogar aus der eigenen Tasche berappen. Glücklicherweise wurde Schauspieler Harvey Keitel das Skript in die Hände gespielt, worauf er dann dem Projekt seine finanzielle Unterstützung zusicherte und auch für einen Bruchteil seiner normalen Gage eine der Hauptrollen übernahm. Der Rest ist Geschichte.
Wie in jedem Tarantino-Streifen war schon in „Reservoir Dogs“ das Schauspieler-Ensemble die halbe Miete. Dabei ist Keitel ist nur einer der vielen Schauspieler, welche in „Reservoir Dogs“ brillieren. Bevor sich Samuel L. Jackson zwei Jahre später zum unverzichtbaren Tarantino-Inventar spielt, glänzt in „Reservor Dogs“ ein unwiderstehlicher Cast rund um Keitel (Pulp Fiction), Tim Roth (Pulp Fiction, Four Rooms, Hateful Eight), Michael Madsen (Kill Bill, Hateful Eight) und Steve Buscemi (Pulp Fiction).
Die Dialoge, ein weiteres Hauptmerkmal aller Tarantino-Filme, waren schon 1992 originell, geschliffen scharf und – Achtung Kritik – plump („Like A Virgin“). Tarantinos Füller-Stories, welche den Plot in keiner Art und Weise vorwärts bringen, überzeugen in „Reservoir Dogs“ dennoch mehrheitlich und können gütigerweise auch der Charakterzeichnung zugeschrieben werden. (Es hilft sicherlich, dass „Reservoir Dogs“ „nur“ knapp 100 Minuten dauert, denn beim einem 3-Stunden-Epos wie „The Hateful Eight“ ist dann auch mal zuviel des Nonsense-Geschafels.)
Nebst den Schauspielern und dem Drehbuch überzeugt in „Reservoir Dogs“ vor allem die Struktur des Films. So sind die Szenen selten chronologisch angeordnet und die einzelnen Charaktere werden erst im Verlaufe des Film durch Rückblenden mehrschichtig. Besonders die Figur Tim Roths wird so wunderschön Schritt um Schritt entpackt und bildet schlussendlich auch den dramatischen Anker des Films.
Eine weitere, eminent wichtige Zutat in den Tarantino-Filmen ist die Filmmusik. In „Reservoir Dogs“ ist der Sound nicht nur präsent, er hält den Streifen sogar zusammen. Vorhang auf für „K-Billy’s Super Sounds of the Seventies Weekend“¨. Die fiktive Radioshow liefert einen catchy 70er-Songs nach dem anderen. Die Ohrwürmer flankieren einzelne Szenen dermassen gekonnt, dass Sound und Bild auch Jahrzehnte später nicht mehr auseinander gehalten werden können. Eine erstaunliche Leistung wie wir finden.
Fazit:
„Reservoir Dogs“ ist das Meisterwerk eines eigenständigen und einzigartigen Regisseurs. Furios inszeniert, brutal pessimistisch und auf mehreren Ebenen nachhaltig, brennt der Streifen mit ikonischen Szenen und gefeilten Dialogen ein dreckiges, unübersehbares Brandloch in die Kinogeschichte.