Zwischen dem 22. September und 2. Oktober verlassen wir temporär unseren B-Movie-Trash-Weg und berichten über Filme direkt vom oder im Umfeld des Zürich Film Festival. Den Auftakt machen…
The Dirties (2013)
Im Rahmen des ZFF werden wir in den Genuss kommen „Operation Avalanche“ zu rezensieren und mit RegisseurMatt Johnson zu diskutieren. Als kleine Vorbereitungsaufgabe haben wir uns sein Erstlingswerk, einen Film über Mobbing und High-School-Shootings zu Gemüte geführt. In „The Dirties“ planen zwei Moviebuffs (Johnson und Owen Williams), an ihrer High-School einen Film zum Thema Bullying zu drehen. Das Passionsprojekt läuft aber aus dem Ruder, als sich bei einem der beiden Jungregisseure die Grenzen zwischen Realität und Fiktion langsam zu vermischen drohen. Matt Johnson, verantwortlich für Regie und Drehbuch, wählte für „The Dirties“ das Format einer Mockumentary. Im Dokumentarstil gefilmt, führt der Film die Zuschauer in die Welt der beiden Möchtegern-Filmemacher ein. Improvisierte Dialoge, Undercover-Drehs und rüttelnde Handkamera-Bilder verleihen dem Streifen einen ultra-realistischen Touch, der einen Sog entwickelt und die Zuschauer immer tiefer in die moralischen Abgründe der Protagonisten zieht. „The Dirties“ ist ein wichtiger Film zu einem wichtigen Thema. Schwarz/weiss-Zeichnung ist nicht zu finden, schwarzer Humor und tonnenweise Filmreferenzen lockern die heikle Thematik auf, ohne dabei auf ein klares Statement gegen Mobbing zu verzichten. Starker Indie-Film. (See this if you like: „Man bites dog (1992)“ und „Bowling for Columbine (2002)“)
Sausage Party (2016)
Die Jungs tun es wieder. Seth Rogen, James Franco, Edward Norton, Kristen Wiig, Jonah Hill und Konsorten präsentieren den vermeintlich ersten jugendfreien Zeichentrickfilm. (Als hätte es „South Park“ nie gegeben, tsts.) „Sausage Party“ serviert den Humor unter der Gürtellinie mit animierten Würstchen und Brötchen. Zusammen mit weiteren Fast-Food-Produkten macht sich die Kalorien-Gang auf die Suche nach dem Sinn des Lebens. Richtig gelesen, „den Sinn des Lebens“. „Sausage Party“ ist glücklicherweise nur teils ein weiterer cineastischer Pubertäts-Kalauer. Klar gehört der infantile Spass zu grossen Teilen in die Rezeptur, doch will der Streifen nicht nur derbe sexistische Witze reissen, sondern versucht sich in einer mehrheitlich geglückten Metapher auf die Abhängigkeit in verschiedenen Glaubensmustern. In „Sausage Party“ ist der Garten Eden ausserhalb des Einkaufszentrums, und somit das Ziel eines jeden streng gläubigen Lebensmittels. Als aber ein Glas Honig-Senf aus ebendiesem Paradies zurück gebracht wird, stellt es mit seinem Reisebericht aus dem Jenseits den bedingungslosen Glauben jäh in Frage. „Sausage Party“ ist stolz auf sein R-Rating und zelebriert seine Vulgarität bis zum Exzess. Der Film schafft es auch, den Begriff Food-Porn komplett neu zu definieren. Es wird geflucht bis die Eiscrème schmilzt. Die Würstchen-ins-Brötchen-Witze sind zwar durchaus unterhaltsam, doch mit der Zeit auch ermüdend. Zum Glück ist der Streifen genug clever um mit gelungenen Filmreferenzen, amüsanten „Charakteren“ und der erwähnten Parodie auf Religion und dessen Nebengeräusche zu punkten. Kurzweilig, derb und gewürzt mit einer Prise Intellekt, ist „Sausage Party“ der perfekte Mitternachts-Snack. (See this if you like: „South Park (1997 bis heute)“ und „Pineapple Express (2008)“)
Swiss Army Man (2016)
Daniel Radcliffe furzt sich sein Teenie-Image aus dem Körper. Wenn dann noch sein Schlong als Kompass figuriert, ist höchste Alarmbereitschaft angesagt. „Swiss Army Man“, ein weiterer vorpubertärer Film mit plumpen Humor? Nein! Der Streifen um den vereinsamten, gestrandeten Paul Dano, welcher die Leiche von Radcliffe als Allzweckwaffe gegen Durst, Orientierungsverlust und einen Bären einsetzt, ist richtig rührend. Richtig gelesen, „Swiss Army Man“ ist ein Film über Freundschaft und eine verdrehte, absurde Ode ans Leben. Der Soundtrack aus der Schreibe von Manchester Orchestra Mastermind Andy Hull (inkl. blink-and-miss-Cameo) umrahmt die poetische Bildsprache. Atmosphärische A-Cappella-Versionen, unter anderem von „Cotton Eye Joe“ und dem Jurassic-Park-Theme, erinnern in ihrer Reduktion an den Soundtrack von „Thin Red Line“. Die fotografierten Bilder könnten auch von einem Lehrling aus der Terrence-Malik-Schule stammen. Doch die beiden Regisseure Dan Kwan und Daniel Scheinert, kurz Daniels, kreieren mit „Swiss Army Man“ ihr eigenes, kreatives Universum. Der Streifen ist in seiner absurden Originalität schwer zu toppen. Der Abschluss lässt zwar die offensichtliche Frage aller Fragen offen, doch als cineastischer Trip in die Psyche eines vereinsamten Menschen funktioniert der Streifen allemal. Selten wurden Fürze so herzerwärmend inszeniert. Den ganzen Review könnt ihr in Bälde hier nachlesen.
One thought on “ZFF Day#1: The Dirties, Sausage Party, Swiss Army Man”