Kurz:
Version A: Arroganter Workaholic wird von einem nymphomanischen Vampir gebissen und transformiert selbst zu Nosferatu. Version B: Arroganter Workaholic zerbricht an seiner Einsamkeit.
Lang:
Heutzutage verdient der arme Mister Nicolas Cage seine Brötchen durch übles Overacting in unterdurchschnittlichen Massenproduktionen, die die 10% Marke des Rotten Tomatoes Scores selten knacken (Left Behind, Outcast, Knowing). Bereits 1988 zeigte Nicholas Kim Coppola, welches immense Potenzial überengagierten Gestikulierens in ihm schlummert.
Seine (vermeintliche) Transformation zum Blutsauger gestaltet er mit den weltweit berüchtigten aufgerissenen Glubschaugen, seinen hypernervösen Zuckungen, spastischen Anfällen, flankiert von cholerischen Nervenzusammenbrüchen. Es scheint so, als hätte Cage „Vampire’s Kiss“ als Show-Reel für seine Overacting-Skills genutzt.
Erstaunlicherweise nervt in diesem Streifen sein exzentrischer Auftritt nicht, sondern macht sogar Spass. „Vampire’s Kiss“ deutet an, welches schauspielerische Potential in ihm schlummert und wieso er zwei Jahre später zum It-Guy in Hollywood hochstilisiert wurde. Nach „Vampire’s Kiss“ folgte die unwiderstehliche Cage-Hochphase mit Klassikern wie The Rock, Face/Off, Wild at Heart und Leaving Las Vegas. Für letzteren durfte er 1996 sogar einen Oscar als bester Hauptdarsteller in Empfang nehmen.
Cage spielt in „Vampire’s Kiss“ einen arroganten Yuppie nahe einer persönlichen Apokalypse. Die zynischen Monologe und die Vermischung von Realität und Wahnsinn sind nicht die einzigen Parallelen zu „American Psycho“. Ähnlich wie bei der (sehr empfehlenswerten!) Verfilmung des skandalösen Romans von Bret Easton Ellis, platziert sich auch „Vampire’s Kiss“ gekonnt in der feinen Grauzone zwischen schwarzer Komödie und Drama.
Glücklicherweise ist sich „Vampire’s Kiss“ seines komödiantischen Fundaments vollends bewusst. Szenen, in welchen sich der Möchtegern-Vampir Cage, bewaffnet mit stilechtem Plastikgebiss, durch die kalten Nächte von New York schleicht oder in welchen er sein Sofa zu einem Sarg umgestaltet, sind übertrieben, infantil und völlig unterhaltsam.
Das unverwechselbare Schauspiel von Nicolas Cage thront über allem, was in „Vampire’s Kiss“ so passiert. Obwohl die Geschichte zu dieser One-Man-Show mit Sicherheit auf einem Post-It Platz gefunden hätte, langweilt „Vampire’s Kiss“ nie, ist amüsant und macht schafft es irgendwie zu guter Letzt noch emotional aufzurütteln. Chapeau.
Verpackt als vermeintlicher Trash-Kalauer präsentiert Regisseur Robert Bierman dem Publikum mit „Vampire’s Kiss“ einen erstaunlich nachhaltigen Streifen. Die ultraschwarze Komödie ist eine Metapher auf die Vereinsamung des Einzelnen innerhalb der leistungsorientierten Gesellschaft, mit einem komplett überdrehten Nicolas Cage. „Vampire’s Kiss“, überraschend anders.
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