Kurz:
Oh no, not the bees! The Movie.
Lang:
Ist es ein gutes Qualitätsmerkmal, wenn man auf ein Meme aufmerksam wird, bevor man den Ursprung des Memes kennt? Wir glauben nicht. “The Wicker Man” ist genau so ein Internetphänomen: “NOT THE BEES!” ist ein weit verbreitetes Meme, welches in Bild-, GIF- oder Video-Format durch das Internet geistert. Manchmal auch mit dem Untertitel “Nicholas Caged”. Die Netzkultur liebt die Gesichtsausdrücke von Nicolas Cage, besonders wenn sie in einem Volliere-ähnlichen Kopfkäfig gefangen und mit CGI-Bienen bedeckt sind.
“The Wicker Man” ist nicht nur ein Kulturphänomen, sondern auch ein Remake des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1973. Und ja, es gibt natürlich auch für alle Leseratten den Roman “Ritual” von David Pinner, welcher als ursprüngliches Quellenmaterial dient. Hier sei schon mal vorab gesagt, dass wir allen das Original empfehlen, wenn ihr einen guten Film schauen wollt. Wenn die Leser:inen aber nach Trash und Cage suchen, kann hier weitergelesen werden.
Hier die Synopsis zum Einstieg: Sheriff Edward Malus – der einzigartige Nicolas Cage (Vampire’s Kiss, The Rock) – untersucht das Verschwinden eines kleines Mädchens auf einer kleinen Insel nahe der Küste Seattles. Auf der Insel angekommen eröffnen sich für ihn weitere Mysterien, die es zu lösen gilt, da die New-Age-artigen Bewohner sich allesamt seltsam und auffällig verhalten.
Fan-Bienen
Die Vorzeichen für die Neuinterpretierung von “The Wicker Man” standen eigentlich ideal: Regisseur und Drehbuchautor Neil LaBute (In the Company of Men, Nurse Betty), sowie Nicolas Cage wollten als Fans und Filmnerds eine “hommageträchtige” Neuverfilmung des britischen Folk-Horrors umsetzten. Die beiden schienen den Film so gut zu verstehen, da sie einen sehr grossen Teil des Dialogs Wort für Wort aus dem Drehbuch übernahmen. Jedoch sehr oft ohne stringenten Zusammenhang zum Material, was gedreht wurde. Daraus entstand was ganz Unverhofftes: Ein durchschnittlicher Horror-Krimi mit sehr viel Gyno- und Apiphobie, welcher sich als grossartige, unfreiwillige schwarze Komödie positioniert.
Wieso sich die Thematik aus dem ursprünglichen Film nicht gänzlich oder auf die amerikanische Gesellschaft, wo es Sexualität und Glaube immer noch eine wichtige Rolle spielen, umgemünzt wurde, bleibt uns ein Rätsel. Auch die psychischen Probleme vom Hauptcharakter hätten tiefer in die Geschichte eingewoben werden können. Aber nein. Wäre auch schade gewesen, wenn der Film besser geworden wäre und uns somit ein weiterer Best-Worst-Gelée-Royale entgangen wäre.
Honig-Disaster
Der Film ist nicht gänzlich ein handwerkliches Desaster. Mit geschätzten 40 Millionen Dollar wurden entsprechend nicht nur Laien und Amateure angestellt. Aber allzu oft fragt man sich, wie essenzielle Teile von “The Wicker Man” völlig verhunzt wurden.
Besonders am Drehbuch und am Schnitt fällt einem auf, dass der Film bizarr und inkohärent ist. Wir hatten oft das Gefühl eine geschnittene Version auf RTL2 zu schauen, wo Plot-Punkte keinen Sinn ergaben, weil Gewalt- und Sexszenen rausgeschnitten wurden, welche den Inhalt erklärt hätten. Dies ist aber nicht der Fall; der Film ist in seiner normalen, voller Spiellänge voller Löcher. So beispielsweise, wenn Edward nach dem Inhalt eines bluttriefenden Beutels fragt, kurz erschreckt, den Inhalt nie zu Gesicht bekommt und dann munter seiner Nachforschungen nachgeht. Du bist Polizist! Das vermisste Mädchen könnte tot in diesem Sack liegen, du Hongikopf!
In die Reihe des Absurden reihen sich auch die schauspielerischen Fähigkeiten von Nicolas Cage ein, die wir notabene vergöttern. Er selbst nennt seine Technik “nouveau shamanism”. Eigentlich eine Art Method Acting, welche intensiver ist und ultratheatralisch wirkt. Und das lieben wir. In “The Wicker Man” blüht Cage in den meisten Szenen auf. Achtet darauf, wenn er fragt, wieso eine Puppe verbrannt wurde. Die Energie, Leidenschaft und Kraft, welche er in den Satz “How’d it get bured?” umsetzt, ist zugleich faszinierend, verwirrend und lächerlich.
Fazit:
“The Wicker Man” ist einer dieser Filme, die trotz gutem Budget und professionellen Filmschaffenden das Siegel “Best Worst” verdient. Dieser Streifen ist unglaublich unterhaltsam und komisch, weil er so viele gute Schwächen hat. Man schaut ihn nicht, weil man wissen will, wie er den Fall des verschwundenen Mädchens löst, sondern weil man überrascht wird, was für eine Anreihung von Nonsens als Nächstes folgt. Spätestens wenn man sieht, wie Nick Cage als Bär verkleidet, einem anderen Charakter mit voller Wucht die Faust ins Gesicht schlägt, muss man den Film unfreiwillig lieben.