Review:

Kurz:

America. Fuck Yeah.

Lang:

Während sich Rocky 1 nebst dem Oscar auch einen Platz in der Filmgeschichte sicherte, wurden bereits ab Teil 3 Sell-Out-Vorwürfe laut. Das hielt Sylvester Stallone glücklicherweise nicht davon ab, den amerikanischen Traum ein viertes Mal in den Ring zu schicken. Und während viele puristische Filmstudenten „Rocky IV“ als den dämlichsten Teil der Serie abstemplen, werden sie damit dem schier endlosen Unterhaltungswert des Streifens nicht gerecht.

Klar ist „Rocky 4“ vorhersehbarer Nonsense mit Sitcom-Charakteren, die sich nie ändern und in immer gleichen Situationen dümpeln, aber hey, „Rocky IV“ erschien 1985, einem Jahr, in welchem Michail Gorbatschow zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion ernannt wurde, die aller erste WrestleMania stattfand und Opus mit Live Is Life sieben Wochen auf Platz Eins der deutschen Hitparade zu finden waren; und in diesem Kontext liefert „Rocky IV“ definitiv ab.

Als das „M“ in MTV noch für Music stand.

„Rocky IV“ war als Unterhaltung für die MTV-Menge gedacht und hatte nebenbei alle Ingredienzen um zu Ronald Reagans Lieblingsfilm zu werden. (Siehe auch die tolle Dokumentation „Rocky vs. Ivan – Propagandaschlacht im Ring“, welche unter dieser Review klebt.)

Herrlich, wie sich Stallone auf unglaublich naive Weise um einen sportlichen Brückenschlag zwischen Ost und West bemüht, durch seine übertriebene Vaterlandsliebe und seine unreifen Russlandklischees aber primär lächerlich wirkt.

So scheint es, als hätte der Italian-Stallion das Drehbuch mit dem Boxhandschuh geschrieben und Regie mit zugeschwollenen Augen geführt. Aber wenn kümmert es schon, wenn „Rocky IV“ dennoch über 90 Minuten perfekt unterhält und unsere Ohren mit einem der besten Soundtracks der 80er zudröhnt?! „Living in America“ von James Brown, „Burning Heart“ und „Eye of the Tiger“ von Survivor, „Heart’s on Fire“ von John Cafferty oder der Übersong „No Easy Way Out“ von Robert Tepper – Powerpopherz, was willst du mehr?! Wir verziehen Stallone grosszügig, dass „Rocky IV“ teils auch wie ein überlanger MTV-Clip wirkt. (Die Zielgruppe wurde jedenfalls gnadenlos getüpft und „Rocky IV“ war dann auch der Rocky-Film mit den höchsten Einnahmen. Weltweit über 300 Millionen Dollar.)

Um was geht’s?

Rocky Balboa, Schwergewichts-Champion der USoffuckingA, stellt sich für einem Exhibition-Match seines Best-Friends Apollo Creed als sein Trainer an den Ring. Dumm steht Apollo Creed aber ausgerechnet Ivan Drago gegenüber. Drago ist nämlich die personifizierte Sowjetunion; und die ist dermassen böse, dass sie Apollo kurzerhand im Ring totschlägt. Böser Russe! Natürlich verspricht ein von Selbstzweifeln geplagter Rocky, den Tod seines Freundes zu rächen. Im Ring! In Russland. Und jetzt alle: „USA USA USA …“.

Yup, die Sowjetunion ist der grosse Feind und Ivan Drago (Dolph Lundgren) ihr Ventil. Ein 2-Meter hoher russischer Kampfturm, der alles verkörpert, wovon Rocky Stresspickel kriegt: Steroiden, Technologie und Hass auf Amerika. Der wortkarge Hüne, mit blonder Igelfrisur und glänzendem Oberkörper lässt nur seine Fäuste sprechen. Und wenn Drago sein Maul dann Mal öffnet, dann liefert er Oneliners für die Ewigkeit. „I must break you.“ oder „If he dies, he dies.“ Grosses Kino.

Kurz: Lundgren schuf mit Ivan Drago einen Antagonisten für die Ewigkeit, welcher auch als James-Bond-Bösewicht nicht abgefallen wäre. (Fun Fact: Während dieser Film Lundgren verdientermassen zum Durchbruch verhalf, war es nicht sein erster Auftritt auf der großen Leinwand. Er spielte ein Jahr vorher einen Bodyguard in James Bonds „A View To Kill“.)

Hirn abschalten und geniessen

Klar ist es absoluter Mumpitz zuzusehen, wie Rocky, nachdem er seinen Gegner in der Moskauer Arena halbtot geschlagen hat, den russischen Fanmob zu Jubelexzessen und „Rocky, Rocky“-Rufen hinreisst, nur um kurz danach unter den Augen Michael Grobatschows das Ende des Kalten Kriegs auszurufen, trotzdem ist es höchst unterhaltsam!

Ja, „Rocky IV“ hat viele Momente, die nicht mit Glaubwürdigkeit klotzen. Creeds Aufwärmtanz mit James Brown, die Bigger-Than-Life Introduction Ivan Dragos oder die groteske Geburtstagsparty des Paulie (Burt Young) sind nur einige Beispiele.

Aber egal was andere Leute sagen, „Rocky IV“ ist mein Lieblings-Rocky! Nicht nur wegen dem sibirischen Totengräber, der bierernsten Umsetzung, dem übermächtigen Soundtrack oder der lächerlichen „Give-Peace-A-Chance“-Message, nein, „Rocky IV“ stellt in Bezug auf die Kampfszenen sogar den einzigartigen „Raging Bull“ in den Schatten. (OK, nur in Bezug auf die Kampfszenen.) Gemäss verschiedenen Aussagen von Stallone und Lundgren schlugen sie mehrheitlich richtig zu. Was dann zur Folge hatte, dass Stallone kurzzeitig hospitalisiert werden musste. Achte dich das nächste Mal darauf und du wirst überrascht sein, wie real der Schlussfight choreographiert wurde. (Und vielleicht ist das nächste Mal im November mit uns im Kino? ;-))

Fazit:

„There’s a lot I could say about this man movie, but I don’t know if it matters now. I guess what matters is what he it stood for, what he lived for, and what he died for. […] I’ll never forget you, Apollo Rocky 4, You’re the best.“ (Rocky, 1985 Ronny, 2018)

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