Kurz:

Arcade-Figuren aus den 80er Jahren im zeitgenössischen Cyberspace – kann das gut gehen?

Lang:

Wir erinnern uns an den ersten Teil „Wreck-It-Ralph“, der trotz skurrilem Witz überraschte und uns in die Welt der Videospiele in die Spielhallen mitnahm, die noch bis Ende der 90er Jahre existierten. Das CGI-Werk von 2012 wusste mit kindlichem Charme und realistisch agierenden Charakteren zu überzeugen. Meine Generation erlebte hierbei natürlich viele nostalgische Aha-Momente, bei den zahlreichen Anspielungen auf die Arcade-Zeit, welche Erinnerungen hochkommen lassen an die Nachmittage, wo wir die Hosentasche voller Spielejetons hatten. Eingestreut wurden beispielsweise mit dem Ego-Shooter „Hero’s Duty“ auch Elemente aus der neueren Zeit, um das Ganze ausgewogen zu halten. Gemixt mit bunter, kindgerechter Animation ergibt dieser Film eine Mischung, die die ganze Familie abzuholen vermag.

Auch in der Fortsetzung ist man dem bewährten Erfolgsrezept treu geblieben, erweitert das Setting jedoch um eine schier unerschöpfliche Inspirationsquelle: das Internet!

Alles beginnt in der gewohnten Spielhalle: „Randale-Ralph“ ist immer noch der leicht begriffsstutzige, aber liebenswerte Demolierer aus dem Spiel „Fix-it Felix Jr“. Nach seinem Abenteuer im ersten Film hat er sich mit seinem Dasein angefreundet und ist sogar rundum glücklich, jeden Tag dasselbe zu tun. „Vanellope von Schweetz“ hingegen ist vom Rennspiel „Sugar Rush“ gelangweilt und sehnt sich nach Abwechslung. Ralph möchte ihr daher gerne etwas Neues bieten und nimmt dazu sein ganz eigenes „Upgrade“ an den Leveln in „Sugar Rush“ vor, welches aber schlussendlich zu einer Beschädigung am Spielautomaten selbst führt. Ein passendes Ersatzteil wäre dank eBay sogar erhältlich, doch für den Spielhallenbesitzer leider unerschwinglich. Die Abschaltung von „Sugar Rush“ droht. Eine Reise ins bislang unbekannte Internet scheint die einzige Lösung zu sein! Wie gut, dass der Spielhallenbesitzer gerade WiFi installiert hat. Vanellope steht mehr Abwechslung bevor, als sie erahnen kann. Und wie können Spielfiguren, die noch nie Geld besessen haben, überhaupt etwas kaufen? Es gilt wohl kaum als Spoiler, wenn ich an dieser Stelle bereits verrate, dass sich alle Hürden überwinden werden und ein Happy End ansteht – schliesslich sind wir hier immer noch bei Disney!

Im Gegensatz zu Teil 1 jongliert die Fortsetzung nun mit Begriffen, Websites und Diensten aus dem Cyberspace. Diesen begegnen unsere Freunde meist als animierte, vermenschlichte Figuren. Das ist mal mehr, mal weniger originell gelungen. Aber seien wir ehrlich: Welche Figur ist denn bitte passend für Google? Bei Twitter hingegen fällt die Wahl leicht. Schamlose Eigenwerbung betreibt Disney allerdings, als Vanellope auf die Prinzessinnen Schneewittchen, Cinderella, Arielle und die anderen Königstöchter trifft. Diese Sequenz war denn auch am Häufigsten als Werbung zu sehen. Trotz der obligaten Singszene kommt sie lustig-charmant rüber, denn die Frauen geben sich ungewohnt selbstbewusst. Mussten sie doch in ihren eigenen Abenteuern stets von starken, mutigen Prinzen gerettet werden. Nun, alles ändert sich. Erfreulich, dass sich auch Disney mittlerweile für die Emanzipation stark macht. Mit Rapunzel – neu verföhnt (Tangled) wurde 2010 bereits gut vorgelegt.

Ob Pop-ups, Suschmaschinen, eBay, freundliche Likes, fiese Kommentare und sogar das Darknet – Disney hat in seinem neuesten Streifen alles herangezogen, was das Netz zu bieten hat und es kindgerecht aufbereitet. Dass auch Star Wars dran glauben musste, war klar, denn die Franchise gehört doch seit 2012 zu Disney.

Fazit:

Disneys neuster Wurf überzeugte die Kritiker dermassen, dass er gleich als bester Animationsfilm für einen Golden Globe nominiert wurde. Tatsächlich hat sich die Fortsetzung von ihrem Vorgänger deutlich abgehoben: Zusätzliche Figuren, mehr Drive in der Story und schliesslich ganz neue Welten. Die Einstufung bei FSK 6 ist jedoch gerechtfertigt, denn auf Erwachsene wirkt der Blickwinkel des Films schon mal zu kindisch und infantil.

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