Kurz:

Überwesen löscht 300 Millionen schädliche Menschen aus. Hört sich kolossal an, ist es nicht..

Lang:

„Pass Thru“ ist Neil Breens viertes filmisches Erzeugnis. Nachdem er sich bereits in verschiedenen Rollen als Übermensch (oder gar Gottheit) darstellte, beglückt er diesmal die Menschheit als ausserirdisches Überwesen, importiert aus der Zukunft. Glauben wir jedenfalls.

Also eigentlich sind wir uns wiedermal alles andere als sicher, was Mr. Breen eigentlich zu darstellen versucht. Zuerst inszeniert er sich als überaus unglaubwürdigen Drogenabhängigen, der in einem mit Blechdosen zugemüllten Wohnwagen haust. (Er setzt sich übrigens keine Nadeln in die Venen, sondern lässt nur Tröpfchen aus der Spritze auf seinen Unterarm plätschern.) Anschliessend labert Herr Breen in seiner Rolle vertieft davon, dass er ein Spezialagent aus einer anderen Welt sei. Und schlussendlich gibt seine Filmbeschreibung zum Besten, dass „an artificial intelligence from far into the future“ die Erde von den verdorbenen Menschen säubern will. Diese Interpretation ergibt am meisten Sinn, denn das würde seine künstliche und roboterhafte Schauspieldarbietung erklären.

Doch was der ältere Mann mit seinem schütterem Haar wirklich darstellt, wissen wir bis heute nicht. Man merkt jedoch: Der Hauptcharakter ist nicht irgendein „Joe Sixpack“. Nein! Hier ist eine allwissende und übermenschliche Kreatur im Körper eines narzisstischen aber liebenswürdigen Herren gefangen. Oder so.

Die Erzählung ist so nachvollziehbar wie eine Vorlesung über Welle-Teilchen-Dualismus, vorgetragen von einem Totenkopfäffchen mit weissem Kittel und Hornbrille. Irgendwie hat man das Gefühl, dass es um ein wichtiges Thema geht, man versteht aber nichts.

In „Pass Thru“ flüchten praktisch alle Menschen von satanischen Regierungen, flankiert von Breens diffusen, astrophysikalische Theorien, halbherzig aus Dokumentationen zusammengeschustert. Damit wird versucht uns weiszumachen, dass der Hauptcharakter „Thgil“, ja so heisst der Herr, ein Genie aus einer weit entfernten Galaxy ist.

Die Lösung um solche eine sinnwidrige Erzählung glaubhafter zu gestalten? Genau! Eine Metaebene einbauen. Und die ist da. Irgendwo. Ganz tief und unergründlich. Denn die ganze Geschichte ist selbstverständlich, wie bei jedem Breenischen Meisterwerk mit einer grossen Menge Esoterik überbacken. Hier mittels Kreis-Symbolik. Auf Wandmalereien sind beispielsweise Kreise zu sehen, wie auch ein Steinkreis, der von Herrn Breen missbraucht wird, um seine Fünf-Tibeter-Übungen durchzuführen. Eine tiefere Bedeutung ist sicherlich angedacht, aber ergibt in keiner Minute Sinn und wird auch nicht ansatzweise erklärt.

Was inhaltlich dem Plot entnommen werde kann, ist ein ungebremster Hass auf das Establishment. Ein mal mehr. Diesmal jedoch tilgt der Hauptdarsteller mit einem Fingerschnippen alle schädlichen Menschen von der Erdoberfläche. Sie verschwinden wortwörtlich im Nichts. Nicht nur Politiker, Banker und Lobbiesten zaubert Neil weg. Selbst Nachrichtensprecher bleiben nicht verschont. Das habt ihr davon von eurer Lügenpresse! Schnipp und Fake news is gone! Hail Breen.

Wir sind davon überzeugt, dass selbst für Filmwissenschaften der Plot von „Pass Thru“ ein Mysterium ist. Eigentlich kann man nicht von Plotlöchern sprechen, sondern muss den Film als grosses Logikvakuum verstehen. Es hilft. Glauben wir jedenfalls.

Erwähnenswert sind des Weiteren die schauspielerischen Darbietungen. Neben der gewohnt unglaubwürdigen Vorführung seines Könnens und seinen monoton vorgetragenen Monologen, schenken uns die restlichen „Schauspieler“ einen Blumenstrauss voller unbeholfener Gestikulation und verkrampfter Mimik. Die Regieanweisungen haben sich anscheinend darauf fokussiert, dass alle besonders laut sprechen sollen und sich so unnatürlich verhalten sollen wie nur möglich.

Was uns besonders beschäftigt hat, ist die Montage des Streifens. Was zur Hölle soll das?! Die Bilderfolge ergibt weder erzählerisch, chronologisch, noch künstlerisch Sinn. Als wären Szenen nach dem Zufallsprinzip aneinandergereiht worden. Beispiel? Gerne! Zwei Flüchtlinge laufen erschöpft in der Wüste. In der nächsten Szene werden diese in einen Container eingesperrt. Neil Breen sammelt Müll zusammen. In der darauffolgenden Szene ruhen sich die zwei Charaktere vom vielen Laufen aus, die zuvor in den Container eingesperrt wurden. Logik? Ne, braucht Herr Breen nicht.

Soviel haben wir gelernt: Ein Neil-Breen-Film bleibt sich selber treu. Auch „Pass Thru“ hebt sich nicht von I Am Here, Double Down oder Fateful Findings ab. Was jedoch ein Novum ist, er setzt zwei neue Techniken ein. Zum einen verwendet er eine Drohne, um noch mehr Supertotale von der Wüste Nevadas auf den Zuschauer einzuhämmern und zum anderen wurden für die Dreharbeiten Greenscreens eingesetzt. Bei der Postproduktion wurden die Schauspieler so inkorrekt auf einen Hintergrund gesetzt, dass die Proportionen in keiner Weise stimmen und Schattenwürfe und Reflektionen gänzlich vernachlässigt wurden. Selbst wenn das Gesicht von Herrn Breen Auge im Auge mit einem Stockfootage-Tiger steht, verfällt die Illusion blitzartig, da im Hintergrund des Tieres Schnee zu erkennen ist, obwohl der Film in einem Brachland spielt.

Zusammengefasst: Herr Breen hat es wieder einmal mehr geschafft uns mit einer phänomenalen Selbstüberschätzung an künstlerischem Können zu überzeugen. Dunning-Kruger-Effekt ahoi! Wir halten es sogar für möglich, dass die Qualität im Vergleich zu den Vorgängerfilmen stagniert ist. Neil Breen ist wieder in jedem einzelnen Kreativitätsprozess involviert und das merkt man schwerwiegend. Das Resultat: Ein verwirrender und amateurhafter Film, der uns unglaublich Unterhalten hat. Und wir lieben es!

Fazit:

„Pass Thru“ schoss als instant Best-Worst-Pfeil in unsere Herzen und blieb mit Wiederhacken stecken. Der Mann hinter diesem Film ist eindeutig unser Favorit und lässt Ed Wood und Tommy Wiseau wie professionelle Filmemacher aussehen. Dieser Film ist ein fasziniertes Sammelsurium an hölzernen Schauspielern, absurden Ideen und inkohärenten Bildabfolgen. Und Neil Breen hat unseren vollumfänglichen Respekt dafür, dass er es zum vierten Mal durchgezogen hat. Grosse Enttäuschung: In diesem Streifen bleiben seine Hodensäcke in seine Hosen.

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