Kurz:

Ein Online-Game hetzt Teenies von Mutprobe zu Mutprobe.

Lang:

Normalerweise würde ein Streifen wie „Nerve“ auf unserer Plattform mit ein paar Zeilen in einem „Threesome“ abgespeist, der Film ist aber dermassen plump und anbiedernd, dass ich meinen Frust an meiner Tastatur auslassen muss.

„Nerve“ nervt. Selten ist mir ein Film dermassen auf den Sack gegangen. Und dies nicht erst, nachdem ich feststellen musste, dass wohl keine „Emma Stone“ mehr um die Ecke schaut und ich jetzt wirklich mit „Emma Roberts“ in diesem Desaster feststecke. Ok, erstens waren Namen noch nie meine Stärke und zweitens hätte ich ja die Stop-Taste drücken können, aber „Nerve“ war dermassen dämlich und an den Haaren herbeigezogen, ich musste schauen, ob es mit der Zeit wirklich noch dümmer werden kann. Und ja, das wurde es.

Verdammte Hühnerkacke, solche Filme schaffen es effektiv ins Schweizer-Kino-Programm. Und das nur weil Dave Franco und Emma Roberts beim angepeilten Zielpublikum (Pickelgesichter bis 16 Jahre) hoch im Kurs stehen und Social Media ja sowas von verdammt hip ist? Tja, mit der Welt geht es den Bach ab, da passen solche Ausgeburten der Hölle zur dumpfen Masse der anspruchslosen Kinogänger. 

Um was geht’s überhaupt? „Nerve“ ist der grosse Hype. Ein Online-Spiel – beschränkt auf New York (!) –, in welchem sich die User entscheiden, ob sie zu den „Playern“ oder „Watchern“ gehören. Die Player kriegen von den Watchern Aufgaben gestellt, welche es dann zu lösen gilt. Bei Erfolg gibts Knete, bei Misserfolg ist das Spiel für die Player aus.

„Nerve“ will ein Statement gegen Voyeurismus und Geltungsdrang im Netz sein, kratzt aber keinen Millimeter unter der Oberfläche. Jede einzelne Episode des grandiosen „Black Mirror“, neu auf Netflix, bietet in diesem Bezug tausendfach mehr Substanz und Scharfsinn. Sogar der 2001 veröffentliche „Series 7: The Contenders“ ist „Nerve“ meilenweit voraus, wenn es darum geht, aufzuzeigen, wie weit Menschen für ein bisschen digitale Reichweite gehen. (In „Series 7“ war ein TV-Programm Dreh- und Angelpunkt des Geschehens, der visionäre Film ist ja auch schon 15 Jahre alt).

Die beiden Regisseure Henry Joost und Ariel Schulman, welche vor sechs Jahren mit dem auf Facebook bezogenen Dokumentarfilm Catfish einen wesentlich gehaltvolleren Beitrag rund um die menschlichen Abgründe im Social Web lieferten, servieren einen ultra seichten Teenie-Streifen, welcher den Verstand der Zuschauer beleidigt. Statt schwarzem Humor, Situationskomik oder beissender Gesellschaftskritik, bietet „Nerve“ durchstilisierte Hochglanz- Ästhetik, umgarnt mit seichter Popmusik, zwei hübschen Hauptdarstellern und reichlich Social-Chit-Chat. Die Story ist abstrus und zerfällt bei der kleinsten Hirnakrobatik seitens des Zuschauers in seine Einzelteile. 

Anstelle eines Quäntchens Anspruchs kriegt der Zuschauer das Six-Pack-Francos, einen Best-Friend-Zickenkrieg und Teenie-Romantik. Mehr nicht.

Fazit:

„Nerve“ ist ein Film für Leute ohne Anspruch, tarnt sich als Social-Media-Kritik, bietet aber nur belanglose Massenware für ein desinteressiertes Publikum. Weder lustig, noch spannend, noch kreativ. „Nerve“ ist vor allem eines: ärgerlich.

rating_1

 

Share This:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert