Kurz:
Ein Tafelberg in Mexiko wird von kleinwüchsigen Männern, exotischen Frauen und Riesenspinnen bewohnt. Denen ist allesamt nicht zu trauen!
Lang:
Und wieder stellt sich uns die Frage, wie eine Film wie „Mesa of Lost Women“ nach über 60 Jahren es schafft, nicht in Vergessenheit zu gelangen. Denn dieser kleine Gallenstein hält sich schon fast dogmatisch an B-Movie-Prinzipen: Unnachvollziehbare Erzählstrukturen, billig anmutende Produktion und unbeholfene Schauspieler. Aber eben auch unglaublich unterhaltsam. Und deswegen helfen wir als Trash-Kuratoren dabei, dass „Mesa of Lost Women“ weiterhin als „Parakulturgut“ bewahrt wird, wie die B-Denkmalschützer vor uns.
Das Schlechteste zuerst: Dieser Film besteht aus drei Filmsegmenten, die horrend zusammengewebt wurden. Alles beginnt mit der Handlungsgegenwart, in der ein Mann und eine Frau in der Wüste aufgefunden werden. Da diese ziemlich erschöpft und verwirrt sind, werden sie in ein Krankenhaus gebracht und beginnen von ihrem Abenteuer zu erzählen. Da kommt bereits die erste Retrospektive. Man lernt einen Wissenschaftler kennen, der einen verrückten Professor in der Wüste aufsucht. Dabei tauchen die zwei Charaktere aus der Handlungsgegenwart gar nicht auf. Klingt komisch, ist aber so. Anschliessend kommen wir zur nächsten Rückschau. In dieser Rückblende flüchtet der Wissenschaftler, welchen wir aus der mittleren Zeitebene kennenlernen durften, aus einer Irrenanstalt. Von hier an ist die Geschichte wiederum linear. Wieso diese Zeitsprünge in der Erzählung gewählt wurden, wissen wir nicht. Nennen wir es mal „künstlerische Freiheit“ wie in „Mesa of Lost Women“ an der Zeitachse gebogen und gebrochen wird. Da wird selbst die Erzählweise aus Pulp Fiction in den Schatten gestellt, wenn es darum geht den Zuschauer zu irritieren. Und dabei geht es in der Geschichte schlicht um einen wahnsinnigen Wissenschaftler, der bösartige Geschöpfe erschafft, welche mit Spinnengift verändert wurden.
Weiter ist dieser Streifen köstlich und konfus zugleich, weil Charaktere unangekündigt wie aus dem nichts auftauchen. Wie etwa der Auftritt des asiatischen Dieners „Wu“: Dieser sitzt zu einem Zeitpunkt unverhofft im Flugzeug und ist ungefragt Teil der Abenteuergruppe. Man weiss wirklich nicht, ob dieser zum Inventar des Flugzeugs gehört, ein blinder Passagier ist oder die Zeit davor in einem Gepäckstück verstaut war. Er ist jedenfalls da und der Zuschauer hat sich damit abzufinden.
Wenn wir schon vom der Flugzeug-Szene sprechen, muss man erwähnen wie goldig und putzig diese ist. Das fensterlose Karton-Cockpit, das rauchende Spielzeugflugzeug, wie auch die unglaubwürdigen Bewegungen der Schauspieler beim Abstürz zauberten uns ein breites Lächeln ins Gesicht. Es ist vergleichbar amüsant und unrealistisch wie in Plan 9. Genauso drollig ist auch die riesige Plastikspinne, die Furcht und Ekel beim Publikum verbreiten sollte. Dabei ist dieser Achtbeiner einfach nur eine starre, billige Plastikrequisite, die durch die Luft geworfen wird.
Wie man schnell erkennen kann, sind auch die schauspielerischen Darstellungen und Dialoge fürchterlich. Die Schauspieler kommen zum einen unglaublich künstlich rüber und zum anderen sind die Gespräche weit von der Realität entfernt. Das hat zur Folge, dass sich „Mesa of Lost Women“ inhaltlich und darstellerisch zu einem absurden Werk entwickelt. Als die Charaktere sich beispielsweise nach dem Flugzeugabsturz unterhalten, befassen sie sich als aller erstes mit der Frage, ob sie genug Zigaretten und Schnaps bei sich haben. Aber auch Zitate wie „A brilliant mad men!“ oder „Dr. Aranya. Ay Caramba!… Aranya (araña) is spanish for spider!“ brennen sich geschmeidig in das Hirn eines Filmmasochisten ein.
Der Film wird ferner mit einem „politisch unkorrekten“ amerikanischen Zeitgeist der 1950er komplettiert: Alle Nicht-WASP-Charaktere sind Stereotypen. Angefangen beim tölpelhaften Mexikaner, bis hin zur exotischen femme fatale. Alle diese Figuren werden auf der Leinwand herabgesetzt. Der weisse Mann hat die Hosen an, welche er schon fast bis unter die Achseln hochzieht, und fürchtet sich unteranderem vor der Wissenschaft, Zwergen und verführerischen Bauchtänzen.
Wer jetzt denkt, dass der Film schon schlecht genug wäre, der täuscht sich. Denn auch die musikalische Begleitung trägt zum Titel „best worst“ bei. Das Zupfen an der Flamenco-Gitarre ist die ersten fünf Minuten verheissungsvoll und passt zur Wüstenlandschaft. Jedoch wird ständig die gleiche Melodie gespielt ohne jegliche Abwechslung. Die ganzen verdammten 70 Minuten durch!
Kurz und knackig: Dieser Film wird von uns geliebt. Denn er macht so viel falsch, dass er sich fast wieder „richtig“ anfühlt. Ausserdem merkt man dem Film an, dass ein zweiter Regisseur den Streifen mit nachträglich gefilmten Material „gestreckt“ hat. Ganz nach dem Motto: „Viele Köche verderben den Brei“. Dessen ungeachtet haben wir uns nicht langweilt, da wir uns ständig folgende zwei Fragen stellen mussten:
- Das ist doch jetzt nicht wirklich passiert?
- Kann die Qualität noch unterboten werden?
Fazit:
Ein sehenswerter B-Movie aus den 50er, welcher die Genres Sciencefiction und Horror vermischt und dabei hübsche Frauen in knappen Kleidern als Kaufargument platziert. Wer die Filme von Ed Wood mag, der ist mit diesem Relikt gut aufgehoben. Qualitativ unterschreitet „Mesa of Lost Women“ unsere Trash-Limbo-Stange eindrucksvoll.