Kurz:

Ein Mann, eine gehörige Portion Eitelkeit und der Traum, ein Action-Star zu werden.

Lang:

„Get Even“, „Geteven“, „Road to Revenge“ oder „Champagne and Bullets“? Wir wissen es selbst nicht. Dieser Film aus dem Jahre 1993 hat viele Filmtitel über die Jahre erhalten. Was wir jedoch dank des Bristol Bad Film Club in Erfahrung bringen konnten: Jeder Titel entspricht einer Neufassung des Films. Je nachdem, ob man sich “Road to Revenge” oder “Get Even” ansieht, gibt es mehr oder weniger Szenen. Zum Teil nachgedreht. Es gibt somit nicht nur einen Zack Snyder Cut von Justice League, sondern auch mehrere John de Hart Cuts von „Champagne and Bullets“. Der poetische Name John de Hart gehört übrigens dem Regisseur, Produzent, Drehbuchautor, Hauptdarsteller, Sänger und hauptberuflichen Selbstdarsteller von diesem Bubentraum auf Zelluloid.

Aber worum geht es bei „Get Even“ überhaupt? Nun, Rick Bode ist ein vorbildlicher und rechtschaffener Polizist. Sein bester Freund ist sogleich sein Arbeitskollege und zusammen machen sie einem Drogenkartell den garaus. Auch das schwache Geschlecht mag ihn sehr. Sein Leben ist spitze. Auch die anderen Bereiche seines Lebens, wie Musik und Witze erzählen, beherrscht er mit Bravour. Doch er hat ein Problem: seinen korrupten Chef. Und so kämpft der Held nach einer Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten mit Selbstjustiz, Tollkühnheit, Liebe und dem „Shimmy Slide“ gegen den Sumpf des Verbrechens.

Diese kurze Schilderung der Handlung von “Get Even” wäre aber nicht ein von uns gewählter Best-Worst, wenn sie nicht unfreiwillig charmant, unterhaltsam und komisch wäre. Denn wie kaum ein anderer Film ist die Erzählung oft absurd und wirklichkeitsfremd. Beispiel gefälligst? Der korrupte Chef steigt im Laufe der Geschichte in der Hierarchie auf. Ursprünglich führt er den Titel Leutnant bei der Polizei. Später wird er jedoch weder zum Hauptmann noch zum Polizeikommissar befördert. Nein. Im weiteren Verlauf der Geschichte findet er sich plötzlich als Richter in einem Gerichtssaal wieder. Und das wortwörtlich. Nicht nur symbolisch. Wir finden es auf jeden Fall eine faszinierende Karriereleiter. Ach ja: Und ganz nebenbei führt er einen Kult an. Nicht schlecht.

Was man als zentrale Interpretation mitnehmen kann: Rick Bode ist ein cooler Typ. Damit steht er eindeutig im Mittelpunkt des Films. Aber „Get Even“ hat auch Nebenfiguren. Und sogar zwei waschechte Fernsehstars: Wings Hauser spielt den besten Freund „Huck Finney“ und William Smith den vorhin erwähnten Gegenspieler „Normad“ (so haben wir jedenfalls den Vornamen „Norman“ akustisch verstanden). Bei einem TV-Star ist uns etwas besonders aufgefallen: Wings Hauser drückt sich ziemlich oft in den Vordergrund. Wir würden sogar so weit gehen zu sagen, dass er als Profi das Drehbuch nur als Empfehlung wahrgenommen hat und seine Darbietungen allzu oft improvisiert. Anders können wir uns die vielen “berauschenden” Monologe nicht erklären. Der tolle John de Hart hat solch eine Konkurrenz nicht verdient.

Doch was braucht ein filmischer Frauenheld wie Rick Bode, um die Sympathien des Publikums zu gewinnen und damit wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken? Eindeutig schöne und junge Frauen, die ihn verehren. Und so wurde das Playmate Pamela Jean Bryant – Monat April 1978 des Playboys für die Sammler:innen unter euch – als sein Liebesobjekt engagiert. Und nicht nur die adrette Pamela ist barbusig zu sehen. Nein, auch andere leicht bekleidete Damen entblössen ihre Stalaktitten für ihn. Aber da dieser Streifen so viel Feingefühl für Erotik hat, wie es ein Nashorn für den Zusammenbau eines Flaschenschiffs hat, waren wir eher beschämt als erregt.

Was uns aber besonders amüsiert hat und in diesem Film besonders heraussticht, sind die Momente, in denen Supermacho John de Hart wie ein hilfloses Reh mit grossen, ängstlichen Augen in die Kamera schaut, anstatt selbstbewusst auf der Bühne seinen Song zu performen. Auch in einer Liebesszene in der Badewanne, in der man annehmen könnte, dass es der Schauspielerin Bryant unangenehm sein sollte, zärtlich zu ihm zu sein, ist es genau umgekehrt; John tastet sich unsicher und offensichtlich unbehaglich zwischen dem Körper der Frau und der Badewanne. Was für ein Womanizer.

Fazit:

Vor Joe Exotic als “Tigerking” kam John de Hart mit “Get Even”. Ein protziger, peinlicher und positiver Proleten-Actionfilm mit wenig Talent, aber viel Herz. Auf Film gebannt wurde der Traum eines charmanten Möchtegerns. Seine Unsicherheiten und Schwächen wurden jedoch nicht retuschiert. Und das zu unserem besten Vergnügen.

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