Kurz:
Der ernst-grimmig dreinschauende Till Schweiger mimt den stets zufrieden scheinenden Cowboy Lucky Luke.
Lang:
Da stand also der nächste Kandidat der Verfilmung in den Stiefeln. Bereit zum gnadenlosen Duell mit Kinoeintritten und Filmkritikern. Ein Sechsschüsser hilft bei einem derart gnadenlosen Kampf wenig, ein sechsstelliges Einspielergebnis schon eher. Doch sollte es auch tatsächlich so kommen?!
Holy Cow! Die Krux mit der Vorlage…
Die gefühlt 396. Verfilmung der Abenteuer des beliebten Cowboys aus den Comics nach Morris. Die Umsetzung als Realfilm der Abenteuer des lonesome Cowboys scheint tatsächlich eine verflixte Angelegenheit zu sein! Nicht, dass die Comics dermassen absurd und somit entsprechend schwierig zu verfilmen wären, aber aus diversen Gründen sind verschiedene Werke bereits mit ihren Hauptdarstellern am Geschmack des Kinopublikums gescheitert. Picken wir uns nur mal die Letzten raus…
- Lucky Luke (1991) – Der eigentlich äusserst Western-versierte, italinieschstämmige Terence Hill wagte mit dieser Figur quasi eine Solonummer auf Neulandland ohne Buddy Bud Spencer, legte mit seinem Wagnis aber keine Glanznummer hin.
- Lucky Luke (2009) – Jean Dujardin, ironischerweise aus der Besetzung der 2004er Verfilmung, versuchte nur wenige Jahre später ebenfalls eine Neuinterpretation. Obwohl als „poppige Westernparodie“ verschrien, ist dieser Film bisher immerhin die ertragsreichste Interpretation.
Eine anständige Verfilmung der Comicalben mit dem sympathischen Cowboy scheint also noch unmöglicher zu sein, als bei EuroMillions mal einen anständigen Gewinn abzuräumen. Liegt es wohl daran, dass die Comics seit Jahrzehnten überaus beliebt, bekannt und die Fans dementsprechend anspruchsvoll sind? Oder ist die Nachfrage an Comicverfilmungen seit Längerem einfach generell gesättigt? Zur Verteidigung aller vom Misserfolg gebeutelten Hauptdarsteller muss gesagt werden, dass schon nur der Look von Lucky eine optische Steilvorlage/Hürde bietet: Denn welcher (reale) Mensch trägt denn bitteschön als Frise eine einzige Haarsträhne welche zwischen Cowboyhut und Stirn noch gerade hervorstehen kann?! Und wie kann denn bitte unter sengender Wüstensonne ein Hemd stets leuchtend gelb bleiben?! Ok, dieses dient den Banditen immerhin als gut sichtbare Zielscheibe aus der Ferne… Aber sind Comics nun mal: eine Fantasiewelt ohne Grenzen. Daher mal nicht zu viel realistische Ansprüche an Naturgesetze, Logik, usw. please!
Western à la française?
Auch scheint die in französischen Komödien oft übliche Praxis, Szenen extrem in die Länge zu ziehen, um den jeweiligen Gag so noch mehr hervorzuheben, beim ausländischen Publikum nicht anzukommen. In der ebenfalls französischen Actionkomödie Taxi war es beispielsweise herrlich absurd-witzig mitanzusehen, wie zig Polizeiauto ineinander crashten, weil der Film als Ganzes funktionierte. Im vorliegenden Film ist das ganz klar nicht der Fall. Hier hat der titelgebende Held Lucky Luke zusammengefasst grade mal etwa 10 Minuten Filmpräsenz, stattdessen stehen die vier Daltons im Zentrum des Films. Zudem zünden zu viele Gags weder auf Französisch noch in der Synchronfassung, wirken einfach nur platt & peinlich. Beispielsweise nervt das endlos übertriebene Wortspiel der Daltons mit dem Zöllner an der Grenze zu Mexiko einfach nur tierisch, oder in der Wüste eher kojotenmässig (schlechter Gag meinerseits…). Slapstickeinlagen wirken oft dermassen deplatziert oder vorhersehbar, als seien sie an der berühmten Haarsträhne von Lucky herbeigezogen worden. Dabei wurde das Ganze in sehr ansehbare Szenenbilder eingebettet, auch die Ausstattung wirkt überzeugend. Zudem wurde mit Till Schweiger bewusst ein internationaler Filmstar engagiert, um den Bekanntheitsgrad des Streifens zu erweitern. Schweiger gab allerdings später in einem Interview zu, dass der Film ein ziemlich peinlicher Meilenstein in seiner Filmografie sei. Keine Bange: nach unserem Gusto gehört die Verfilmung von Far Cry (2008), ebenfalls mit Till Schweiger in der Hauptrolle, in dieselbe Kategorie völliger Rohrkrepierer.
Wer nach dieser Review gwunderig ist, aber sich (verständlicherweise) nicht mehr traut, den Film selbst zu schauen, der kann sich stattdessen das Review unseres Bloggerkollegen Damien Crowley durchlesen, in welchem durch genaue Beschreibung der Handlung seinem Frust abzubauen versucht. Ich verzichte daher an dieser Stelle darauf, den abstrusen Brunz namens Story zu wiederholen. Wer sich trotz aller Warnungen den zähflüssigen Western-Schund selbst antun will, findet weiter unten die französischsprachige Komplettfassung.
Fazit:
Till Schweiger hat als lonesome nuschelnder Cowboy seinem klugscheissenden Klepper Jolly Jumper umsonst die Sporen gegeben, Regisseur Philippe Haim hat ein zu tiefes Humorniveau anvisiert und so fast alle Gags ins Leere geschossen. Demzufolge dürfte die Filmcrew nicht gerade singend aus den leeren, endlosen Weiten des Kinosaals geritten sein…