History repeats itself?

3D-Filme gibt es schon seit 1922.1 Als in den 50ern Fernsehgeräte immer mehr Leute aus den Kinosälen zogen, mussten die Kinobetreiber ein erstes Mal umdenken. Mit „Bwana, der Teufel“, der ersten 3D-Großproduktion aus dem Jahr 19522 begann in den USA ein relativ kurzzeitiger 3D-Boom. In den 80ern folgte die zweite Welle. Besonders populär waren zu diesem Zeitpunkt Horror-Filme, wie zum Beispiel Der Weiße Hai 3. Jedoch hielt der 3D-Boom der 50er und 80er jeweils nur wenige Jahre an. Die Stereoskopie mit billigen Pappbrillen setzte sich nicht durch und wird heute als belanglose Zeiterscheinung abgetan. 3D-Puristen sind aber überzeugt, dass das damalige Scheitern des analogen 3D-Kinos vor allem technischer Natur war und sich im heutigen Zeitalter der Digitalisierung nicht wiederholen wird. Hoffentlich irren sich diese Schicksalsdeuter.

Just a gimmick?

Als 2009 mit Avatar das goldene Zeitalter der 3D-Filme anbrach, bemerkte Hollywood das immense Potential rasch und löste einen regelrechten 3D-Boom aus.4 Es herrschte Goldgräber-Stimmung in Los Angeles und sogar bereits abgedrehten Filmen wurden nachträglich eine dritte Dimension übergestülpt. Diese Filme wurden entsprechend ohne stereoskopischen Kameras aufgenommen und ihrem Bildmaterial fehlt jegliche – für 3D zwingende – Tiefeninformation. Viele Regisseure wurden sogar genötigt ihren Filmen nachträglich einen 3D-Stempel aufzudrücken.

«It was famously rushed and famously horrible. It was absolutely horrible, the 3D. Nothing was working, it was just a gimmick to steal money from the audience. I’m a good boy and I rolled with the punches and everything, but it’s not my movie.» Louis Leterrier, Regisseur „Clash of the Titans“5

Die hastigen, geldgeilen Umwandlungen waren für alle Beteiligten unerträglich. Ob „Titanic“ oder die ganze „Star Wars“-Saga, nichts war von den habgierigen Studios sicher. Das führte zu einem ersten Umdenken beim Kinopublikum. So sorgten der vierte Teil der unsäglichen «Pirates of the Caribbean» und «Kung Fu Panda 2» bei den 3D-Befürwortern für Kopfzerbrechen. An den beiden US-Startwochenenden wurden nur 46% respektive 45% der Einnahmen über 3D-Vorstellungen generiert. Zwei Blockbuster brachen somit das ungeschriebene Gesetz, das 3D-Versionen stets erfolgreicher als die 2D-Vorführungen wären.3

Zudem bin ich der Ansicht, dass 95% aller 3D-Filme in der zweiten Dimension besser funktionieren. Die Action ist überschaubarer, die Farben kräftiger und das Bild zu 100% scharf. Es ist unser Glück, dass der bedeutendste Filmemacher unserer Zeit lieber auf IMAX und „4K digital“-Projektionen setzt und sich vehement gegen die dritte Dimension ausspricht:

„Films are 3-D. The whole point of photography is that it’s three-dimensional. The thing with stereoscopic imaging is it gives each audience member an individual perspective. If you’re looking for an audience experience, stereoscopic is hard to embrace. I prefer the big canvas, looking up at an enormous screen and at an image that feels larger than life. When you treat that stereoscopically you shrink the size so the image becomes a much smaller window in front of you. So the effect of it, and the relationship of the image to the audience, has to be very carefully considered.“ Christopher Nolan über 3D8

Sowohl die „The Dark Knight“-Trilogy als auch der opulente Interstellar sind Paradebeispiele, wie grosses Kino perfekt ohne 3D-Gimmick funktionieren kann.

Die „Huhn oder Ei“-Thematik

Seit Filme in guter Qualität illegal heruntergeladen oder via Netflix und anderen Plattformen kostengünstig gestreamt werden können, sind die Kinosäle selten kostendeckend gefüllt. Mehreinnahmen durch 3D-Filme sind willkommen und da das Umrüsten eines grossen Kinosaals auf die 3D-Technologie „nur“ ca. 150’000.- Franken kostet7, lohnt sich diese einmalige Investition mittelfristig. Doch wie steht es um die langfristige Überlebenschance der Kinos?

In Bern kostet der Kinoeintritt mittlerweile bis zu 18 Franken pro Person. Hinzu kommen CHF 2 für das „3D-Erlebnis“ und weitere CHF 3 für die unbequemen 3D-Brillen.6 Macht also 46 Franken für einen Kinobesuch als Paar. Meines Erachtens gerechtfertigt der 3D-Mehrwert den erhöhten Eintrittspreis nicht.

Auf der einen Seite sind Kinos auf Mehreinnahmen angewiesen, auf der anderen wollen smarte Kinoliebhaber ihre Filme in kostengünstigem 2D anschauen. Damit die Kinobetreiber aber umdenken und bei der Filmprogrammation zukünftig mehr auf Klasse statt Masse setzen, müssen die Besucherzahlen steigen. Die Erträge der 3D-Streifen sind anscheinend das Mittel zum Zweck, die Bedürfnisse der Cineasten zukünftig zu stillen.

Wenn ihr also euer Geld für entbehrliche 3D-Abarten an der Kinokasse deponieren wollt, steht euch niemand im Weg. Öffnet aber beim nächsten Kinobesuch nicht nur euren Geldbeutel, sondern auch eure Augen.

 

→ Weiterlesen: Die Krux mit der Synchronisation

 

 Good Use of 3D

Ja es gibt sie, die eine lobenswerte Ausnahme.

https://www.youtube.com/watch?v=6DWrN5uH3Ro

OK, Gravity war auch nicht soooo übel.

 

1 http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_3D-Filmen

2 http://de.wikipedia.org/wiki/Bwana,_der_Teufel

3 http://www.quotenmeter.de/n/50169/popcorn-und-rollenwechsel-quo-vadis-3d

4 http://www.realorfake3d.com/

5 http://www.slashfilm.com/clash-of-the-titans-director-louis-leterrier-slags-the-films-post-converted-3d/

6 https://www.kitag.com/de/kinos-und-infos/ticketinfos-und-preise/ticketpreise/ticketpreise-bern/

7 http://www.screeningmovies.ch/2010/01/20/3d-kino-schaffen-den-kinobetreibern-einen-hoheren-umsatz/

8 http://uk.businessinsider.com/christopher-nolan-movie-in-3d-2014-11?r=US

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2 thoughts on “Quo vadis Hollywood: Ist 3D das Mittel zum Zweck?

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